Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

[ocr errors]

Ja, als bald darauf dem kranken Könige gegen Mitternacht gemeldet wurde, daß der Kronprinz, welcher an einem heftigen Magenkrampfe im Palais daniederlag '), schwerlich die Nacht übers leben würde so brach er in viele Thrånen und Wehklagen aus und rief,,Ach! soll ich meinen Sohn verlieren!" Zu Morgens stern aber sagte er,, wenn doch die holländischen Propheten beim Teufel wåren, die im Voraus gesagt, der Vater würde den Sohn noch begraben 2)!" — Am herzerhebensten indess spricht des sterbenden Königs Glück und Wonne sich aus in dem Berichte eines anderen Augenzeugen, des Ministers von Podewils. Friedrich Wilhelm unterhielt sich den 28. Mai 1740 lange mit dem Kronprinzen und sagte dann zu den Umstehenden: „, Aber, thut mir. Gott nicht viele Gnade, daß er mir einen so braven und würdigen Sohn gegeben?" Monseigneur le Prince Royal se leva à ces paroles et baisa tendrement la main de Sa Majesté, en l'arrosant de ses larmes; le Roi l'embrassa et se tenoit collé à son cou, en sanglottant et en s'écriant: Mon Dicu, je meurs 3), content puisque j'ai un si digne fils et suc

cesseur.

Aber, je behaglicher Friedrichs Lage sich gestaltete, je leutselis ger der König ihn behandelte; desto schmerzlicher fühlte der kinds liche Busen auch die leidensvolle Krankheit des verehrten Vaters. Wie er schon früher bei ähnlicher Gelegenheit sich bewiesen, spres chen die Worte eines unverdächtigen Zeugen *) in eigenthümlicher

1) Friedrich spricht über seine schmerzhaften und lebensgefährlichen Krankheiten in den Briefen an Voltaire vom 27. Januar u. 8. März 1739, an Camas vom 29. Januar und 15. Mårz 1739 und an Algarotti den 26. Febr. 1740. Der Brief an Suhm v. 7. Jul 1739 ist ganz mit medizinischen Rathschlägen für den Freund, aus eigener Erfahrung, angefüllt; und, da Friedrich die Ärzte sonst immer lächerlich macht; so muss man bemerken, daß er in dem Briefe an Camas v. 29. Januar 1739 den Leibarzt Eller,,fort habilè homme" nennt, mit welchem er auch 1740 im Mai über seine und über des Königs Krankheit in Briefwechsel stand.

2) Siehe Morgenstern S.91.

3) Lettre de Podewils à Thulemeyer, 30. Mai 1740. Im Kabinetsarchive.

4) Journal secret p. 10.

Tz.

[ocr errors]
[ocr errors]

Treue aus:,,Le Prince royal, schreibt Baron Seckendorf den 21. Oktober 1734, als Mittheilung von Grumbkow, le Prince royal ést véritablement attendri de la situation du Roi; hat die Aus gen immer voll Wasser und hat sich die Augen ganz aus dem Kopfe herausgeweinet; hat raffinirt, um dem kranken Vater ein commodes Bett zu schaffen; hat von Potsdam nicht weggehen wollen. Le Roi l'y a forcé; foll erst Sonnabend Nachmittags. wiederkommen. Le Prince Royal dit:,, Pourvû que le Roi me fasse vivre à ma fantaisie, je donnerai un bras pour faire prolonger sa vie de vingt ans; Le Roi l'appelle toujours Ftit chen." Friedrichs Verehrung und Liebe für den König seinen Vater wuchs aber seitdem mit jedem Tage; und darum dürfte es wohl auf Beide das beste Licht werfen, wenn wir den Sohn selbst diesen, seiner Jugendzeit gewidmeten Abschnitt endigen lassen. Meine jeßige Lage, schreibt er am 26. Febr. 1740 an Voltaire, drückt meinen Kopf so zusammen, daß ich beinahe alle Denkkraft verliere:

"

"Ich seh im Todeskampf und nahe schon
Den Vater, an dem Thor der Unterwelt,
Bestürmt von wilder Qual, und Atropos
Bereit, daß sie den Lauf ihm kürzen will.
Die schmerzensvolle Szene trifft mein Herz
Weit stärker, als es meine Weisheit trägt."

In gleichem Tone meldet er demselben Freunde, am 27. Jun, aus Charlottenburg, des Königs Ende. "Freitag Abends, den 27. Mai, schreibt er, langte ich in Potsdam an, wo ich den König in einer solchen Lage fand, daß ich mir aus seinem nahen Lode kein Geheimniss machen konnte. Er bewies mir sehr viel Wohlwollen und sprach über eine starke Stunde über die innern und äußern Angelegenheiten des Königreichs mit seltener Richtigkeit des Urtheils. Den Sonnabend, Sonntag und Montag seßte er diese Unterredungen fört, in seih Schicksal höchst ergeben, feine unendlichen Schmerzen mit der größten Standhaftigkeit ertragend. Dinstag Morgens fünf Uhr legte er die Regirung in meine Hånde1) und

1) Vor ihm haben nur zwei hohenz. Fürften die Regirung niedergelegt: Friedr. II. Kurf. i. J. 1470 und Joh. Sigism. 1619. Friedrich Wilhelm's Abdankung ist nicht urkundlich vollzogen worden.

[ocr errors]

nahm Abschied: von meinen Brüdern, von den vornehmsten Beamten und von mir. Die Königinu, meine Brüder und ich haben ihm in seinen legten Stunden beigestanden. Mit dem Stoizismus eines Kato ertrug er seine Qualen und starb, den 31, Mai, Dins Stag Nachmittags zwischen ein und zwei Uhr, mit der Neugierde eines Naturforschers, der beobachten will, was in dem Augenblicke des Hinscheidens geschieht, und mit dem Heldenmuthe eines großen Mannes, der den Seinigen ein Beispiel zur Nachahmung hinters Lassen will ')." Auf gleiche Art spricht Friedrich in dem Les ben seines Vaters, 1758, und, indem er die ganze Geschichte von Friedrich Wilhelm's Regirung mit ungemeiner Vorliebe erzålt, schließt er: „Dieser Fürst ist es, dem Preußen die Gründung seines Heeres und damit sein ganzes Glück zu danken hat; und wenn dies Heer seitdem so furchtbar geworden ist; so gebührt ihm auch davon das Verdienst. Wie der Schatten der Eiche, die uns deckt, in der Kraft der Eichel liegt, aus der sie hervorgewachsen ist; so muss die ganze Welt eingestehen, daß in dem arbeitsas men Leben dieses Fürsten und in seinen klugen Maßregeln der glückliche Zustand zu suchen sei, in welchem das königliche Haus nach seinem Tode sich befunden hat." Die häuslichen Verdrüßlichkeiten dieses großen Fürsten haben wir mit Stillschweigen übergangen. Man muss gegen die Fehler der Kinder, in Betracht der Tugenden ihres Vaters einige Nachsicht haben. 2)" — Auf dieselbe Weise spricht Friedrich in seinem „Briefe über die Ers ziehung“ vom Jahre 1770, gewiffermaßen lobpreisend von den Erziehungsgrundsätzen seines Vaters, indem er eine strenge Behands lung der Jugend empfiehlt: „Man sollte, sagt er daselbst, nach dem Beispiele der Griechen und Römer, die Söhne nicht vor dem 26.

1) über Friedrich Wilhelm's Lebensende vergleiche v, Poellnitz Mémoires T. 2. p. 365.

2) Friedrich sagt 1744 in dem, für den Herzog Karl von Württemberg geschriebenen Fürftenspiegel: „La reconnoissance envers ses parens n'a point de bornes, on est blâmé d'en faire trop peu, mais jamais d'en faire trop. 66 Formey in den Souvenirs d'un Citoyen T. 1. p. 81:,, Fréderic, dans la Conversation, n'a jamais parlé de Fréderic Guillaume I, qu'avec affection et respect; et le mot de mon père, dans sa bouche, m'a toujours paru sortir du fonds du

coeur.

[ocr errors]

Jahre aus der våterlichen Gewalt lassen, und die Våter sollten gewissermaßen für die Aufführung derselben haften. Der Vater würde dann seinen Sohn unter eigener Zucht haben, um hervorkeimende Laster auf der Stelle zu ersticken." — „Führt eure Söhne zur Arbeitsamkeit an 'und bringt ihnen Liebe zur Frugalität und Einfachheit bei. Die Griechen und Römer hatten ihre großen Månner der strengen Erziehungsart, die ihre Geseze anbefahlen, zu dans ken. Sollten diese Beispiele zu alt scheinen, so erinnere man sich an die Arbeiten und Mittel, wodurch Peter der 1. eine ganze Nas zion geschickt machte. Weichliche Erziehung macht weibisch, bequem, fråge und niederträchtig."

Friedrich konnte so aus der Fülle seiner Erfahrungen sprechen; denn er hatte eine spartanische Erziehung genossen: davon erntete er die Früchte durch das ganze Leben; - sein Vater hatte das ges fammte Volk auf gleiche Art strenge gebildet: der Nachfolger fand das schönste Werkzeug zu den rühmlichsten Thaten. Preis und Ehre Beiden, daß der Sohn dem weisen Vorläufer nur Dank und Liebe opfert und seiner würdig weiter baut!

[ocr errors]
[ocr errors]
« ZurückWeiter »