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loge Aux trois Globes, in Folge eines Vertrages mit der großen Loge in London, die Benennung „Große Nazionalmutterloge der preußischen Staten')" an, welche der König den 16. Jul 1774 bestätigte, der dem Orden auch sonst gelegenlich seine Theilnahme bewies. Den 30. Januar 1777 zum Beispiel schenkte er dieser großen Nazionalmutterloge, mit einem sehr gnådigen Schreiben an seinen Neffen den Prinzen Friedrich von Braunschweig, als Großmeister, sein Bildniss, mit huldreicher Anerkennung für die an seinem Geburtstage gehaltene und ihm übersandte Rede. Doch finden sich auch Äußerungen, in denen Friedrich des Freimaurerordens eben nicht schmeichelhaft gedenkt. Als er Maupertuis einst fragte, was die Infinitesimal- und Differenzialrechnungen eigentlich seien, und, mit den gewöhnlichen Erklärungen nicht zufrieden, eine völlig deutliche begehrte;' da sagte der Mathe matiker: „Sire, das geht nicht; die höhere Mathematik ist wie das Geheimniss der Freimaurer: durch Erzålen erfährt man es nicht, man muss sich einweihen lassen, um es völlig zu begreifen.".

,,So, rief der König lächelnd aus, dann mag ich die höhere Mathematik lieber nicht lernen; denn ich merke an mir, daß das Einweihen nicht jedermann hilft." — An d'Alembert schrieb er, den 18. Mai 1782,,Bernehmen Sie, daß die Freimaurer in ihren Logen eine Religionssekte stiften, welche, und das ist viel ge sagt, noch abgeschmackter ist, als die andern bekaunten Sekten;" und in dem Gespräche mit dem Ritter von Zimmermann, am 2. Jul 1786 fagt der König: Alchimie und Theurgie haben ihren Ursprung in der Freimaurerei; ich verlache alle diese Narr heiten."

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Indem hier die höhere Mathematik und die Freimaurerei neben einander gestellt worden sind; so mag der König sein bes

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die preußischen Staten verließ Markgraf Carl und nach dessen Lode 1762 Pring Friedrich Auguft von Braunschweig - Dels; starb 1805.

beiden Töchterlogen in Berlin, und ,, De l'Amitié" ausge=

1) Von ihr waren 1754 und 1755 die ,,Concorde oder zur Eintracht gangen. Der ersteren ertheilte der Großmeister Baron von Bielfeld den 9. Dezember 1754 ein Patent; die andere arbeitete, wie die hof Iøge von 1740, in französischer Sprache.

deutsames Glaubensbekenntniss auch über die erstere in einem Briefe an d'Argens, vom 25. Mai 1762, noch nåher aussprechen. „In Ansehung d'Alemberts bin ich sehr Ihrer Meinung. Es ist besser, gar nichts zu schreiben, als Widersprüche und Armseligkeiten zu sagen. Blaise Pascal, Newton und dieser Mann, alle drei die größten Mathematiker in Europa, haben eine Menge Albernheiten gesagt; der eine in seinen Sittensprüchen, der andere in feinem Kommentare über die Apokalypse, und der lehte über die Poesie und Geschichte. Die Mathematik könnte also den Verstand nicht so richtig denken lehren, als man von ihr behauptet. Das günstige Vorurtheil für die Geometrie hat jene Behauptung zu einem Ariom gemacht; aber, nach den eben angeführten drei groBen Mathematikern zu urtheilen, die alle so erbårmlich raisonirt haben, ist sie nicht einmal ein Problem. Laffen Sie uns bei den schönen Künsten und Wissenschaften bleiben, lieber Marquis 1).“

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Doch,' wir haben noch Einiges aus Friedrichs Kronprinzens leben beizubringen. Er steht ganz nahe dem Augenblicke, in welchem die Vorsehung ihn den Königsthron seiner Våter will besteis gen heißen. Wie wird der große, entscheidende Ruf ihn vorberei tet finden? Ein gewöhnliches Treiben kann dem begeisterten Forscher, Freunde und Menschen nicht genügen. Wir haben ihn manns haft sich emporschwingen sehen aus dem Strudel jugendlicher Verirrungen; wir haben in Kreuz und Leiden, im Ringen und Streben ihn geläutert und bewährt gefunden ; etwas Besonderes wird feine edle Seele kräftigen und erheben zu dem für Millionen entscheidenden Schritte. Gegen einen schon über zwei Jahrhunderte verstorbenen Bürger, der ihm die Tyrannei in Schuß genommen zu haben scheint, empört sein menschenfreundliches Herz sich. Merkwürdig, daß der Erbe einer unumschränkten Krone die Sache der Völker öffentlich gegen Einen aus dem Volke zu führen ges waltig aufsteht; immer denkwürdig, wenn der Befehdete auch nur aus edlem Missverständnisse den Angriff erleiden sollte.

1) Briefwechsel zwischen Fr. II. und M. d'Argens. Königsberg 1798. 190. Brief. In zwei Briefen, an Voltaire vom 27. Januar 1775 und an d'Alembert vom 1, Mai 1780, nennt der König die höhere Mathematik einen bloßen,,luxe de l'esprit."

Niccolo Macchiavelli, einer der helleften und geschmackvolle ften geschichtlich-statswissenschaftlichen Schriftsteller aller Zeiten, ein Florentiner von Geburt, fiel mit seinem Lebenstage, 1469-1527, in die Bestrebungen der Medizeer zur Wiederherstellung ihrer Herrschaft in Florenz, deffen verderbtes, zwiespaltiges Volk, wie es im zweiten Buche seiner florentinischen Geschichte heißt, die Freiheit nicht zu bewahren, die Knechtschaft nicht zu dulden verstand;" grade, wie auch Rom nach dem Siege bei Actium, nicht fähig war, die Freiheit zu ges nießen, ohne die Knechtschaft zu wollen. Über ein solches Volk, glaubte Macchiavelli, herrsche am Besten ein Einziger, wenn die Freiheit schwinde. In dem Herzoge Lorenz von Medicis aber, Cosmo's Urenkel, sahe er einen Mittler, um ganz Italien von den Franzosen, Spaniern und Deutschen zu erlösen, welche er mit dem glühendsten Unwillen gekränkter Vaterlandsliebe hasste. Wenn Lorenz Medicis den heiligen Boden der Heimath ganz von den Fremdlingen gereinigt habe, dann durfte auch Florenz (so konnte Macchiavelli hoffen und für diesen Einen Fall die beste Vorschrift geben) feine befondere Freiheit leicht wieder erringen, nachdem das Volk ihrer würdig geworden. In dieser Absicht widmet er seis nen „Fürsten“ dem Herzoge1), und zeigt ihm alle Wege, die Florentiner sich ganz zu unterwerfen und auf dem errungenen Plage eines Alleinherrschers zu behaupten. In dieser Rücksicht wird selbst der abscheuliche Sohn des verächtlichsten aller Påbste, Alexander's des 6., Caesar Borgia Herzog von Valentinois, als Muster vorgestellt, weil leider auch hier mehr Talente, als Tugenden helfen konnten. Kurz, Macchiavelli giebt in seinem Werke, wenn man die Verhältnisse außer Acht lässt, ein vollständiges Bild der Zwingherrschaft. Aber, als solches betrachtet, steht dieses, man darf wohl sagen vollendete Kunstwerk, mit des Meisters übrigen Schriften, namentlich mit seinen berühmten Unterhaltungen über die ersten zehn Bücher des Livius, welche den Freistat behandeln, sowie mit seiner Geschichte von Florenz, einem der edels sten und vollendetsten Werke der neueren Geschichtschreibung, in gradem Widerspruche. Erwog man dieses; so konnte man durch.

1) Wahrscheinlich überreicht den 12. August 1515; siche Kellermann Commentatio de Machiavelli Principe. Leipz. 1830. 42. S. 4.

aus nicht glauben, daß derselbe, als redlicher und warmer Freund des Vaterlandes, ja, seiner bürgerlichen Freisinnigkeit wegen verfolgte Mann, im Fürsten unbegrånzten Völkerzwang überhaupt habe empfehlen wollen. Vielmehr meinten angesehene Beurtheiler aller Zeiten und Völker, eine durchgehende Ironie wahrzunehmen, welche die Zwingherrschaft, durch Aufdeckung aller ihrer Schliche und Umtriebe, um so abscheulicher darstellen und die Unterdrückten um so wirksamer belehren wolle. Aber, wie ein sehr scharfsinniger neuer Überseßer und Erklärer des Buches vom Fürsten, der hannde verische Geheimekabinetsrath Rehberg'), bemerkt, in der ganzen Schrift herrscht zu viel reiner Ernst und Nachdruck, um für Jro-› nie gelten zu können.

Unser hochherziger Kronprinz hålt Macchiavelli geradehin für einen Tyrannenschmeichler; er sieht in dem Buche desselben nur eine allgemeine Vorschrift für fürstliches Regiment und, voll edlen Unwillens schreibt er seinen Antimacchiavell, um, får Licht und Recht, für Vernunft und Wahrheit siegreich kämpfend, zu beweisen, daß Tugend die wahre Macht der Könige, die wahre Freiheit : der Bürger sei; daß Willkür ins Verderben stürze; daß nur echt: menschliche Thaten echt königlich feien. „La véritable politique des Rois, fagt Friedrich in einem Briefe an Algarotti, den 29. Dkt. 1739, indem er über seinen Antimacchiavell spricht, la véritable politique des Rois, et de tout honnête homme est, d'être bon et juste. Si j'avois cru que ce dessein surpassoit mes forces, je ne l'aurois point entrepris. " Und in der Vorrede zu seinem Buche selbst sagt er: „Ich wage es, die Vertheidigung der Menschlichkeit gegen ein Ungeheuer zu unternehmen, das dies felbe ausrotten will; ich wage es, Vernunft und Gerechtigkeit den Sophismen und der Bosheit entgegen zu stellen. Ich habe den Fürsten des Macchiavell immer für eins der gefährlichsten Bücher angesehen, die der Welt bekannt geworden sind. Es ist ein Werk,

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1) f. Das Buch vom Fürsten, von Niccolo Macchiavelli. Aus d. It. übers. u. m. einer Einl. u. m. Anmerkungen begleitet v. A. W. Rehberg. Hannover 1810; 2. Aufl. 1824. 8; von Luden rezensirt Jen. L. 3. 1810. Nummer 11. 12. Fichte über Macch, als Schriftsteller und Stellen aus feinen Werken im 1. Stück der Vesta 1807. S. 17 ff.

das natürlicherweise in die Hånde der Fürsten und Statskundigen fallen muss; und nichts ist leichter, als daß ein ehrgeiziger junger Mann, dessen Herz und Urtheilskraft noch nicht Festigkeit und Bildung genug haben, um das Gute vom Bösen richtig zu unterscheis den, durch Maximen verderbt wird; die seinen Grundfäßen und Leidenschaften schmeicheln." ,,Wenn es unrecht ist, die Une fchuld einer Privatperson zu Grunde zu richten, die nur geringen Einfluss auf das Ganze hat; so ist es um so schädlicher, Fürsten zu verderben, welche Völker beherrschen, Recht und Gerechtigkeit handhaben, Beispiele davon ihren Unterthanen aufstellen, und durch ihre Güte, Seelengröße und Mildthätigkeit fichtbare Ebenbilder der Gottheit sein sollen." Und im ersten Kapitel heißt es: Die Völker haben zu ihrer Ruhe und Sicherheit ndthig gefunden, Richter zu haben, die ihre Streitigkeiten schlichteten: Beschüßer, um sie im Besitze ihres Eigenthumes wider ihre Feinde zu vertheidigen; Fürsten, um die zerstreuten Vortheile derselben in Ein gemeinschaftliches Interesse zu verbinden. Sie wålten Anfangs Diejenigen aus dem Volke, welche sie für die weiseften, billigsten, uneigennüßigsten, menschlichsten, tapfersten hielten, um sie zu regiren. Die Gerech tigkeit ist also das Hauptstudium eines Fürsten; das Glück der Völker, die er regirt, ist das, was er jedem andern Vortheile vor ziehen muss. Wo bleiben nun jene Ideen von Interesse, von Größe, von Ehrgeiz, von Despotismus? Es ist klar, daß der Fürst, weit entfernt, der uneingeschränkte Herr der Völker zu sein, die unter feiner Herrschaft stehen, nichts als der erste Bediente desselben (le premier domestique) ist." In diesem Geiste nun ente wickelt die ganze Abhandlung sich. Aber, kann diese durchaus kðnigliche Schrift auch nicht für eine Widerlegung des florentinischen Statssekretars gelten, da derselbe mit Friedrich gleich freisinnig dachte und strebte; so ist der Antimacchiavell doch von unschäßba rem Werthe als das Glaubensbekenntniss eines Erbfürsten, um so mehr, weil der Verfasser diese Grundsäße, welche eben, als er den Thron bestieg, durch den Druck in alle Welt gingen und in alle Sprachen überseßt wurden, sein ganzes Leben hindurch übte und ge: gen das Ende seiner ruhmvollen Laufbahn in einer zweiten statswissen schaftlichen Schrift, gleichsam als den Gewinn und die Ausbeute feiner langen Erfahrungen, der Welt aufs Neue zur Prüfung übers

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