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malinn sammt ihrem Bruder Georg II., durch ein unglückliches Schicksal früh von ihrer Mutter, der nachher sogenannten Prinzess von Ahlen, getrennt, in einer protestantischen Französinn, - Frau von Sacetôt, von_zartester Kindheit an eine ehrwürdige Führerinn gehabt hatte, welche auch als Oberhofmeisterinn mit nach Berlin kam und als solche noch 1719 in den Adresskalendern stand; so blieb ganz natürlich die fremde Sprache am preußischen Hofe herrschend, wenn gleich der König nur mit Fremden franzöüsch sprach, Auf die Art kam die vornehme Jugend in Gefahr, der Mutterzunge ganz entwöhnt zu werden. Friedrich hatte das gleiche Los. Seine erste und liebste Unterhaltung, und was er zum Vers gnügen las, war französisch; nur wenn der strenge Vater ihn zur Strafe auswendig lernen ließ, bekam er deutsche Katechismen und Gesangbücher in die Hände.

Übrigens liebte Friedrich Wilhelm seinen Sohn zärtlich; wie er denn überhaupt ein sehr ehrwürdiger, echt deutscher Hausvater war, in dessen Herzen die innige Liebe nicht erstickt wurde, wena er auch bisweilen mit einer an Hårte gränzenden Strafe die Seinigen heimsuchte. Schlossen die königlichen Kinder sich wohl, dem milderen Mutterherzen, welches gar häufig bei der Züchtigung ihrer Lieblinge mitlitt, wärmer an; aufrichtige Verehrung haben sie doch dem Vater auch nach seinem Tode noch geopfert. Denn, wie er auch hie und da missgriff in der Erziehung: überall leuchtete die gewissenhafteste Sorge für das leibliche und Seelens Heil der Kin der hervor. So schrieb er am 26. April 1715, als er, von seiner Gemalım, die er gewöhnlich nur Fiekchen nannte, begleitet, gegen die Schweden zu Felde zog, an den Geheimenrath:,,Dieweil ich ein Mensch und kann sterben, oder todtgeschossen werden, so befehle sie alle mit einander vor Friß zu sorgen, da ihnen Gott vor belohnen wird')."

possible, qu'un Allemand eût de l'esprit?" feine Vindiciae nominis Germanici contra quosdam Germanorum obtrectatores Gallos. Amstel. 1694. 8. geschrieben. Cramer mag seinen Zögling gegen die Franzosen eingenommen haben; er wurde im April 1697 verdrängt. Sein Nachfolger Rebeur war ein arger Pedant. Über beide fiche Cosmar's und Klaproth's Statsrath. S. 273 und 295. 1) Klaproth's und Cosmar's Statsrath. S. 223...

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Unser Friedrich wurde einfach genährt und gekleidet; noch spåt ging er im Polrocke: „Prinzen, wurde ihm oft gesagt, müssen sich nicht durch Puß, sondern durch Artigkeit und Güte von adlis gen und bürgerlichen Kindern unterscheiden;" und daß er in der Jugend mit Bier suppe erzogen worden" hat der große König den 27. August 1779 an die hinterpommerschen Landstånde geschrieben, als das Kaffeetrinken ganz allgemein wurde. Die Liebe zum Wohlthun suchte die Königinn auf alle Art zu begen und es gereichte dem elterlichen Herzen zu großer Freude, als ihr Sohn einmal in den Kinderjahren auf der Rückkehr von Hannover, zu Tangermünde für seine ganze Barschaft Semmeln, Zwieback und Prezeln kaufte, dem Volke zu spenden'). Wie oft hat in späteren Zeiten die Welt sich gefreut, wenn Friedrich als König im Großen sich die Wonne des Wohlthuns bereitete und der Armuth seine Kornspeicher öffnete! Wer vermöchte überall nachzuweisen, wie unsere späteren Handlungen auf frühen Kindheitseindrücken ruhen!

Mit dem Anfange des siebenten Jahres endete die weibliche Erziehung. Aber Frau von Rocoulles 2) genoff noch einige zwanzig Jahre ihres würdigen Zöglings Liebe und Achtung, der auch in ihrem Hause sehr oft an geistreichen Gesellschaften Theil nahm und schriftlich, wie mündlich, ihr seine dankbaren Huldigungen darbrachte; ja, kurz vor seinem Tode, als er erfuhr, daß noch eine alte Freundinn seiner ersten Erzieherinn, eine Witwe Barbier am Leben sei, an dieselbe freundlich schrieb und ihr ein Geschenk machte 3).

Der Generallieutenant Graf von Finkenstein und der Oberst von Kalkstein führten nun die Erziehung des Kronprinzen weiter, als Oberhofmeister jener, dieser als Sousgouverneur; beide waren edle, verdienstvolle Männer. v. Finkenstein, schon seit 1702 Fries drich Wilhelms Oberhofmeister und durch seinen wesentlichen Antheil an dem Siege von Malplaquet ausgezeichnet*), hatte einen

1) Offizierlesebuch Theil I. S. 12. 2) Sie starb den 4. Oktober 1741.

t Formey's Souvenirs d'un Citoyen T. 1. p. 20 findet man einen Brief von Friedrich an Frau von Rocoulles vom 17. Febr. 1738.

3) v. Dohm Denkwürdigkeiten Bd. 4. S. 29.

4) Siche Friedrich im Leben seines Vaters, welcher diesen Tag, den 11. Sept. 1709, als den erfreulichßten seines Lebens, jährlich feierte.

vortrefflichen Karakter, war aber kalt und ganz Soldat. In seis nem Hause genoss Friedrich_manche frohe Stunde; Graf von Finkensteins und von Kalksteins Söhne, sammt den markgråflichen Prinzen, den Enkeln des großen, Kurfürften, machten die Spielges fåhrten; besonders blieb er dem jungen Grafen von Finkenstein, dem nachherigen Kabinetsminister, das ganze übrige Leben hindurch mit großem freundschaftlichem Vertrauen zugethan, im Umgange, wie im Briefwechsel: während des siebenjährigen Krieges werden wir den König in den traurigsten Augenblicken gegen diesen Jus gendfreund sein Herz ausschütten sehen').

Bei einem Könige, der so, wie Friedrich, mit ganzer Seele, mit wahrer Begeisterung den Wissenschaften lebte, wird man mit Begierde nach dem Jugendunterrichte fragen. Aber, darüber ist wenig Planvolles zu melden. Friedrich Wilhelm, ein Feind aller Bücherweisheit und Schriftgelehrsamkeit"), wollte seine Kinder, zumal den Kronerben, nur in den nothdürftigsten Lehrgegenständen uns terrichten lassen, damit durch die Wissenschaften nicht etwa die Regententugenden Eintrag litten.

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In der Justruction und Bestallung für den Grafen von Fin: kenstein und den Obersten von Kalkstein“ vom 13. August 17183), spricht Friedrich Wilhelm I. seine ganze Liebe zur Religion und Sittlichkeit aus, in denen er seinen Sohn gern auferziehen möchte; die davon zeugenden Stellen machen den Haupttheil der ganzen Vorschrift aus und lauten so: „Insonderheit muff Mein Sohn eine rechte Liebe und Furcht vor Gott, als das Fundament und die einzige

∙1) Siche Cosmar's und Klaproth's Statsrath. S. 425 f. 2) Siche (v. Benckendorf) Karakterzüge. 8. Sammlung S, 56 über Morgenstern's Disputazion in Frankfurt a. d. O. Dinstags den 12. Nov. 1735; Morgenstern über Friedrich Wilhelm I. S. 107 den merkwürdigen Vorfäll zwischen dem Könige und dem Major von Jurgas im Tabackskollegium; Küfter erzält in Saldern's Leben S. 133. Friedrich Wilhelm I. habe 1739 von dem 20jährigen Leibgardefähnrich von Saldern gesaat: ich fürchte, ich fürchte! Saldern wird auch ein franzdfischer Fladderkopf; denn er liest schon französische Zeitungen." Wie nachhaltig Friedrich Wilhelm's Verachtung der Wissenschaften auf die Offiziere der Armee gewirkt, spricht der große König mit Bedauern in dem Briefe an d'Argens vom 14. Oft. 1762 aus.

3) Siche Cramer zur Geschichte Friedrich Wilhelms I. S. 3.

Grundsäule unserer zeitlichen und ewigen Wohlfahrt recht beiges bracht, hingegen aber alle schädliche und zum argen Verderben abziehende Irrungen und Secten, als Atheist. Arrian-Socianische, und' wie sie sonst Namen haben mögen, als ein Gift, welches so zarte Gemüther leicht bethdren, beflecken und einnehmen kann, aufs Äußerste gemieden und in seiner Gegenwart nicht davon gesprochen werden; wie denn ingleichen Ihm auch vor die katholische Relis gion, als welche mit gutem Fug mit unter denenselben gerechnet werden kann, so viel, als immer möglich, einen Abscheu zu machen, deren Ungrund und Absurditåt vor Augen zu legen und wohl zu inprimiren, hingegen aber ihn zur wahren Christlichen Religion, welche fürnehmlich darin bestehet, daß Christus vor alle Menschen gestorben, als den einzigen Trost in unserm Leben zu leiten und zu führen und muß er von der Allmacht Gottes wohl und der Ges stalt informieret werden, daß Ihm alle Zeit eine heilige Furcht und Venerazion vor Gott beiwohne, denn dieses ist das einzige Mittel, die von menschlichen Geseßen und Strafen befreiete souveraine Macht in den Schranken der Gebühr zu halten. “ Latein sollte Friedrich gar nicht lernen: das Französische und Deutsche aber so, daß er sich darin eine elegante und kurze Schreibart angewöhnie; außerdem die Rechenkunst, Mathematik, Artillerie, Stonomie aus dem Fundamente; die alte Historie nur überhin;“ die Gefchichte der lehten 150 Jahre aber auf das Genaueste;, das Jus naturale und gentium, wie auch die Geographie und was in jedem Lande remarquable, muff er vollkommen inne haben, absons derlich aber die Historie des Hauses Brandenburg, zu welchem Ende den Erziehern Bibliothek und Archiv zu nutzen frei gegeben wird, weil ein domesticum exemplum allezeit mehr Kraft hat, als ein auswärtiges;" neben der preußischen Historie wird auch die Geschichte derjenigen Häuser anbefohlen, welche mit dem eigenen Hause vor anderen verknüpft sind, nämlich die der Häuser England, Braunschweig, Hessen u. s. f. Vornemlich sollen beim Lesen kluger Historiarum Betrachtungen gemacht werden über die Ursachen der Begebenheiten. Bei zunehmenden Jahren sollen dann ganz besonders auch die Fortifikation, die Fermirung eines Lagers und andre Kriegeswissenschaften ́vorgenommen werden, damit der Prinz von Jugend auf angeführt werde, einen Offizier und General zu agiren,

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und seinen ganzen Ruhm im Soldatenstände zu suchen.“ - So lautet der königliche Befehl dem Wesen nach.

Schon vor beendigtem vierten Lebensjahre hatte der Kronprinz eine Augsburger Fibel in die Hände bekommen:,,Neu erz fundener Luftweg zu allerley schönen Künsten und Wissenschaften.')", ein sehr zweckmäßiges Buch, welches, reich gebunden, in der Nis kolaikirche zu Spandau aufbewahrt wird. Wer über dieses ge= schmackvolle Bilderabc unterrichtet, wissen wir nicht; doch nimmt in allen Nachrichten der vielfach bekannte Hilmar Curas sehr früh als Lehrer seinen Plaß ein. Dieser thåtige Maun gehörte nicht der französischen Kolonie an, da er, den öffentlichen gedruckten Nachrichten zufolge, zwölf Jahre Kirchenåltester bei der deutschen refor mirten Parochialkirche in Berlin gewesen; aber er hatte schon beinahe zwanzig Jahre Unterricht in der französischen Sprache geges ben,,, ehe ihm wie er in der Vorrede zu seiner französischen Grammatik) sagt der Königlich Preußische Hof, um das Jahr 1718, die junge Königliche Herrschaft zur Information ansertrauete;" nämlich den Kronprinzen und die beiden nachherigen Markgråfinnen von Baireuth und von Anspach, welche von demselben Meister auch das Schduschreiben und die Anfangsgründe der Geschichte lernten. Über alle drei Gegenstände hat Euras Lehrmittel herausgegeben, und, wenn sich auch über sein sonstiges Verhältniss zu jenen hohen Schülern nichts weiter beibringen lässt; so ist es doch bekannt, wie sehr Friedrich das Französische und die Geschichte früh liebgewonnen und wie gewandt, noch in spåteren Jahren, na, mentlich seine deutsche Handschrift war. Auch liest man mit Vers gnügen, wie innig Curas in dem genealogischen Anhange zu seiner Universalgeschichte 3) es ausspricht, „daß Gott den zehnjährigen Kronprinzen mit ungemein schönen Gaben des Verstandes gezieret und mit allen vortrefflichen Tugenden seiner durchlauchtigsten

1) S. Haude- und Spenersche Zeitung 1803. Nr. 11. den 24. Januar. 2) Curas Grammaire erschien zuerst 1720 Berlin bei Nicolai; nachher bis 1786 sehr oft.

3) Zuerst 1723; dann 1727, 1730, 1757, 1760, 1764. Über Curas s. Berlin. Monatsschrift. 1807. Jun. S. 337 und Hering's Beiträge zur Gesch. der evang. ref. Kirche in den Preuß. Brand. Ländern Theil. 2.

S. 173,

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