Eichendorffs Ansicht über romantische Poesie im Zusammenhange mit der Doktrin der romantischen Schule aus den Quellen dargelegt

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Metzger & Wittig, 1883 - 71 Seiten
 

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Beliebte Passagen

Seite 70 - Was war' ein Gott, der nur von außen stieße, Im Kreis das All am Finger laufen ließe! Ihm ziemt's, die Welt im Innern zu bewegen, Natur in sich, sich in Natur zu hegen, So daß, was in ihm lebt und webt und ist, Nie seine Kraft, nie feinen Geist vermißt.
Seite 44 - Opfert mit mir ehrerbietig eine Locke den Manen des heiligen verstoßenen Spinoza! Ihn durchdrang der hohe Weltgeist, das Unendliche war sein Anfang und Ende, das Universum seine einzige und ewige Liebe...
Seite 14 - Halbe war ihm tödlich verhaßt, ja unmöglich, er wollte die ganze Wahrheit. Wenn Gott noch in unserer Zeit einzelne mit prophetischer Gabe begnadigt, so war Görres ein Prophet, in Bildern denkend und überall auf den höchsten Zinnen der wildbewegten Zeit weissagend, mahnend und züchtigend; auch darin den Propheten vergleichbar, daß das Steiniget ihn!
Seite 60 - Was ist denn nun dieses Sentimentale? Das, was uns anspricht, wo das Gefühl herrscht, und zwar nicht ein sinnliches, sondern das geistige. Die Quelle und Seele aller dieser Regungen ist die Liebe, und der Geist der Liebe muß in der romantischen Poesie überall unsichtbar sichtbar schweben; das soll jene Definition sagen.
Seite 14 - Es ist unglaublich, welche Gewalt dieser Mann, damals selbst noch jung und unberühmt, über alle Jugend, die irgend geistig mit ihm in Berührung kam, nach allen Richtungen hin ausübte. Und diese geheimnisvolle Gewalt lag lediglich in der Großartigkeit seines Charakters, in der wahrhaft brennenden Liebe »zur Wahrheit und einem unverwüstlichen Freiheitsgefühl, womit er die einmal erkannte Wahrheit gegen offene und verkappte Feinde und falsche Freunde rücksichtslos auf Tod und Leben verteidigte,...
Seite 10 - Seine Schüler aber wollten klüger sein als der Meister und alles aufklären; eine Art chinesischer Schönmalerei ohne allen Schatten, der doch das Bild erst wahrhaft lebendig macht.
Seite 29 - Bei den Griechen war die menschliche Natur selbstgenügsam, sie ahndete keinen Mangel, und strebte nach keiner andern Vollkommenheit, als die sie wirklich durch ihre eigenen Kräfte erreichen konnte. Eine höhere Weisheit lehrt unS, die Menschheit habe durch eine große Verirrung die ihr ursprünglich bestimmte Stelle eingebüßt, und die ganze Bestimmung ihres irdischen Daseins sei, dahin zurückzustreben, welches sie jedoch, sich selbst überlaßen, nicht vermöge.
Seite 23 - Das Wesen der höhern Kunst und Form besteht in der Beziehung aufs Ganze. Darum sind sie unbedingt zweckmäßig und unbedingt zwecklos, darum hält man sie heilig wie das Heiligste, und liebt sie ohne Ende, wenn man sie einmal erkannt hat. Darum sind alle Werke Ein Werk, alle Künste Eine Kunst, alle Gedichte Ein Gedicht. Denn alle wollen ja dasselbe, das überall Eine und zwar in seiner ungeteilten Einheit.
Seite 13 - Heidelberg ist selbst eine prächtige Romantik ; da umschlingt der Frühling Haus und Hof und alles Gewöhnliche mit Reben und Blumen und erzählen Burgen und Wälder ein wunderbares Märchen der Vorzeit, als gäbe es nichts Gemeines auf der Welt.
Seite 55 - Konflikt nicht vorhanden. Die Natur mit ihren mannigfachen Gebilden war ihm die ganze Offenbarung und der Dichter nur der Spiegel dieser Weltseele. Allein die Natur ist in ihrem Wesen auch mystisch, als ein verhülltes Ringen nach dem Unsichtbaren über ihr. Das fühlte er, wie er sich auch sträubte, und so beschloß er, wie die Natur ihr Tagewerk mit Symbolik, so das seinige im zweiten Teil des Faust mit einer unzulänglichen Allegorie der Kirche.

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