Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

30. November 1889.

Deutsche Allgemeine Ausstellung für Unfallverhütung Berlin 1889.

Dampfmaschinen.

Von C. Leist, Assistent für Maschinenbau an der königl. Technischen Hochschule zu Berlin.
(hierzu Tafel XL in No. 47)
(Fortsetzung von Seite 879)

Dampfmaschine von Starke und Hoffmann,

Hirschberg i/Schl.

Die genannte Firma hatte eine ein cylindrige liegende Maschine von 30 Pfkr. und 90 Umdr. i. d. Min. ausgestellt (Saal Q), die eine Papiermaschine der Firma H. Füllner, Warmbrunn, betrieb. Die Maschine zeigt zwar nicht wesentlich neues, aber eine sorgfältige konstruktive Durchbildung der Einzelheiten und gute Ausführung sowie ausgiebige Rücksichtnahme auf den Zweck der Unfallverhütung. Sie arbeitet ohne Kondensation und besitzt 300 mm Cylinderdmr. bei 600 mm Kolbenhub. Sie ist auf Tafel XL in No. 47 zur Darstellung gebracht.

Bei der Konstruktion der Maschine lag das Bestreben zu grunde, entsprechend ihrer besonderen Verwendungsart, bei guter Regulirung eine möglichst einfache und leicht in Stand zu haltende Maschine zu schaffen, wie sie sich nach den Erfahrungen der Firma für den Betrieb von Papiermaschinen als notwendig herausgestellt hat. Hierbei ist nämlich bei nicht besonderer Aufmerksamkeit in der Wartung ein Tag und Nacht ununterbrochen andauernder Betrieb vorauszusetzen, und Stillstände zum Zwecke von Ausbesserungen sind überhaupt zu vermeiden, was umständlichere Konstruktionen ausschliefst. Ferner ist mässiger Dampfverbrauch, soweit mit der Einfachheit der Maschine vereinbar, erstrebt. Es ist aus diesem Grunde eine Heizung des Cylinders mit frischem Kesseldampf ausgeführt, wobei übrigens auch noch der Gesichtspunkt mafsgebend war, dass der Abdampf solcher Maschinen meist durch die Papiertrockencylinder geleitet wird und hier sehr viel besser wirkt, wenn er durch die Heizung auf höherer Temperatur gehalten ist.

Die Aufstellung der Maschine ist die bekannte Anordnung mit Bajonettrahmen, Stirnkurbel und gesonderter Lage des zweiten Kurbelwellenlagers. Der Dampfcylinder ist mit Schieberkasten, Fufs und Heizmantel aus einem Stück gegossen. Von dem obersten Punkte des Mantels, in welchem das Dampfzulassventil angeordnet ist, führt ein Kanal zum Schieberkasten, sodass also eine und dieselbe Dampfmenge zuerst als Heiz- und hierauf als Arbeitsdampf wirkt.

Die Maschine ist mit Rider-Steuerung versehen, und zwar in der Weise, dass der Grundschieber als Flachschieber, der Expansionsschieber hingegen als Kolbenschieber ausgebildet ist. Für diese Anordnung war vor allem das Bestreben massgebend, durch die Entlastung möglichste Empfindlichkeit der Regulirung herbeizuführen. Die Fabrik bezeichnet ihre Erfahrungen, die sie seit 8 bis 10 Jahren mit diesen RiderKolbenschiebern an kleinen und mittelgrofsen Maschinen in bezug auf dauernde Dampfdichtheit gemacht hat, als die besten.

In ihrer Einzelausbildung zeigt die Maschine reichliche Abmessungen der gleitenden Flächen und der Stellkeile, sorgfältige Befestigung der Zapfen, die konisch eingeschliffen und warm eingezogen sind usw. Erwähnenswert sind einige Einzelheiten, bei welchen zur Erzielung andauernd guter Wirkung auch weniger einfach auszuführende Konstruktionen nicht vermieden sind.

Hier ist z. B. die Ausführung der sogenannten Backer'schen Kolbendichtung zu nennen, bei welcher die beiden Dichtungsringe durch eine gusseiserne, aus einem. vollen Cylinder herausgedrehte Spiralfeder nicht nur in radialer, sondern auch in axialer Richtung angepresst werden. Auch die Vorrichtung gehört hierher, welche die Bewegung des Regulators auf den Expansionsschieber überträgt (s. Fig. 2 und 4 der Tafel). Die Schieberstange ist mit einem gusseisernen cylindrischen Führungsteil drehbar verbunden, bei welchem der Auflagerdruck auch durch Anordnung der beiden führenden Metallbüchsen in reichlicher Entfernung von einander herabgezogen

ist, und wird durch Vermittlung eines Hebels gedreht, welcher die hin- und hergehende Bewegung mitmacht. Der Bolzen, der in dem Auge dieses Hebels steckt, wird von dem Regulator mittels zweier an seinen Enden angreifender Zugstangen bewegt und ist so lang, dass er dem hin- und hergleitenden Auge den Schieberhub gestattet. Er wird hierbei in seinen verschiedenen Lagen gegen ein Mitgenommen werden durch seitliche feste Wangen geschützt.

Die Schmierung der Maschine ist so eingerichtet, dass sich eine gefahrlose Bedienung ergiebt. Der Cylinder wird mit einer Oelpumpe (im vorliegenden Falle nach dem System Rost) 1) geschmiert; sämmtliche übrigen Schmiervorrichtungen sind für starres Fett eingerichtet. Von diesen ist die Schmierbüchse für den Kurbelzapfen in der bekannten Weise im Mittelpunkt der Kurbelwelle angebracht und daher stillstehend, während die den Kreuzkopfzapfen schmierende Büchse so angeordnet ist, dass sie nur kleine Schwingungen ausführt (siehe Fig. 4). Sie ist mit dem Zapfen durch ein Rohr verbunden, dessen Endpunkt mit dem Kreuzkopfe hin- und hergeht, während das andere Ende mit dem Schmiergefäfs durch einen am Gestell drehbar gelagerten wagerechten Hebel in einem kleinen Kreisbogen geführt wird. Die Einzelausbildung ist aus Textfig. 1 ersichtlich. Die Kurbelwellenlager sowie die Exzenter werden von Büchsen aus geschmiert, welche auf längeren Röhren angebracht und somit dem Bereiche der bewegten Teile entzogen sind.

[blocks in formation]

Von sonstigen Unfallverhütungsvorrichtungen ist aufser der gebräuchlichen Absperrung der Kurbel durch ein Gitter und der durchgehenden Kolbenstange durch eine Hülse zunächst eine (aus der Tafel nicht ersichtliche) Fortstellvorrichtung für das Schwungrad zu erwähnen, bei welcher durch Umlegen nach dem Gebrauche die Klinken aus dem Bereiche der Zähne gebracht werden. Ferner dient der Unfallverhütung eine Vorrichtung, welche, an der vorderen Stopfbüchse der Kolbenstange angebracht, ein gefahrloses Anziehen dieser Stopfbüchse während des Ganges durch Drehen eines Handrades gestattet, indem hierbei die Muttern der beiden Stopfbüchsschrauben, welche als Schneckenräder ausgebildet sind, gleichmässig angedreht werden. In besonderer Weise ist dem Zwecke der Unfallverhütung Rechnung getragen durch eine elektrisch auszulösende Vorrichtung zum raschen Stillsetzen

1) Z. 1885 S. 682; 1889 S. 1100.

der Maschine durch Absperrung des Dampfes und Bremsung des Schwungrades. Die Absperrvorrichtung ist in Textfig. 2 dargestellt (vergl. auch Fig. 1 und 4 der Tafel). Die beiden Stangen, welche die Regulatorbewegung auf den Expansions

[blocks in formation]

schieber übertragen, sind in ihrem oberen Teile röhrenförmig ausgebildet und enthalten hier eine Spiralfeder, welche für gewöhnlich durch eine Sperrklinke in gespanntem Zustande gehalten wird, bei Auslösung der Klinke aber den unteren Teil der Stange in die Röhre hineinzieht und, einerlei welche Stellung der Regulator einnimmt, den Rider-Schieber auf NullFüllung dreht. Die Auslösung der Klinken wird durch zwei Schlaghebel bewirkt, die durch eine nach unten führende Zugstange in die entsprechende Stellung gebracht werden. Wird die Schwungradbremse in Thätigkeit gesetzt, so tritt auch die Auslösung der Dampfabsperrvorrichtung ein, indem die Welle des Bremshebels, die entsprechend verlängert ist, durch einen an ihrem Endpunkte befestigten Hebel die Zugstange bewegt (s. Fig. 1 und 2 der Tafel). Letztgenannter Hebel ist federnd ausgeführt und wirkt daher auf die Bremse, auch nachdem die durch ihn bewegten Schlaghebel ihre höchste Stellung erreicht haben, nicht hindernd ein. Bremsung des Schwungrades geschieht durch eine Bandbremse Die mit Differentialwirkung, die durch ein Gewicht angezogen wird. Das stäblerne Bremsband liegt in einer Nute um Schwungrad und wird bei ausgerücktem Zustande durch zwei das einstellbare Stützen schwebend erhalten, sodass es am Schwungrade schleift. nicht Wie durch den elektrischen Kontakt ein kleines Fallgewicht ausgelöst wird, das dann auf die Stütze des Bremsgewichtes schlägt und sowohl dieses in Thätigkeit setzt als auch hierdurch die Dampfabsperrung auslöst, ist aus Fig. 1 und 2 der Tafel ersichtlich.

Dampfmaschine von A. Borsig, Berlin.

Von der Maschinenbauanstalt und Eisengiefserei A. Borsig rührte die einzige Dreiverbundmaschine der Ausstellung her, welche in der Maschinenhalle Aufstellung gefunden hatte,

deutscher Ingenieure.

ohne übrigens im Betrieb gezeigt zu werden. Sie ist für einen Dampfüberdruck von 10 Atm. gebaut, leistet 60 bis 90 eff. Pfkr. und macht bis zu 145 Umdrehungen i. d. Min. Die Cylinder durchmesser betragen 450, 300 und 200 mm; der bei allen 3 Cylindern gleich grofse Hub 520 mm.

Die Aufstellung ist derart gewählt, dass Hoch- und Mitteldruckcylinder hinter einander liegen und auf eine und dieselbe Kurbel wirken, der Niederdruckcylinder für sich selbständig angeordnet ist. Der Kondensator liegt hinter dem Niederdruckcylinder, und die Luftpumpe wird von dessen durchgehender Kolbenstange angetrieben. Die Aufnehmer sind den Cylindern parallel unter den Fussboden gelegt. Wie aus der Darstellung der Hoch- und Mitteldruckseite in Textfig. 3 hervorgeht, sind die beiden Cylinder nicht durch ein durchgehendes Bett verbunden, sondern es ist jeder für sich unmittelbar auf das Fundament gesetzt. Für ihre starre Verbindung in der Richtung der Cylinderachsen zur Aufnahme der schiebenden Kräfte ist durch Anbringung zweier kräftiger Stangen zwischen beiden Cylindern gesorgt; doch ist noch eine besonders sorgfältige Ausführung des Fundamentes vorauszusetzen, wenn nicht die Befürchtung eintreten soll, dass durch ungleiches Setzen desselben die zentrische Lage der beiden Cylinder zu einander gestört wird, was bei durchgehendem Rahmen ausgeschlossen wäre. Die Cylinder sind sämmtlich mit Heizmantel versehen, und zwar durch den Guss damit vereinigt.

Die Steuerung des Mitteldruckcylinders besteht aus einem einfachen Kolbenschieber, der eingeschliffen, nicht mit Dichtungsringen versehen ist. Der Hochdruckcylinder hat Rider-Steuerung (in ihrer konstruktiven Ausbildung übereinstimmend mit der Hockdrucksteuerung derjenigen Borsig'schen Maschine, die in Z. 1882 Taf. XXVII veröffentlicht ist). Bei beiden Cylindern sind die Dampfkanäle nur sehr unbedeutend nach der Mitte hin zusammengezogen. Der Kolben der Mitteldrucksteuerung ist aus diesem Grunde in zwei Teile geteilt, deren jeder für sich auf der Schieberstange befestigt ist. Beim Grundschieber der Hochdruck steuerung, welche selbst als Flachschieber ausgebildet ist, den cylindrisch gestalteten Expansionsschieber aber ganz umfasst, ist die grofse Schieberlänge ohne erhebliche Vermehrung der vom Dampf gedrückten Fläche in der bekannten Weise durch Anordnung zweier getrennter Auspufföffnungen im Spiegel und demgemäls zweier weiterer Dichtungsflächen am Schieber ermöglicht. Die beiden Schieberhälften sind hierbei durch die gusseiserne Ausbüchsung mit einander verbunden, welche den Spiegel für den Expansionsschieber bildet. Diese zeigt die Eigentümlichkeit, dass nach Art des Spaltschiebers zur Erzielung rascheren Abschlusses ein jeder ihrer schrägen Schlitze durch deren zwei ersetzt ist, welche von den am Expansionsschieber nun auch in doppelter Anzahl angebrachten schrägen Kanten gleichzeitig geschlossen werden. Diese Anordnung ist hier bei der Länge der Schieber in bequemer Weise durchführbar. cylinder ist, wie der Mitteldruckcylinder, mit nur einem Schieber Die Schieberkästen des Mittel- und Niederdruckcylinders sind unterhalb der Cylinder angebracht, derjenige des Hochdruckcylinders seitlich. Erstere Anordnung ist an und für sich insofern sicherlich sehr empfehlenswert, als dadurch die Cylinderentwässerung in denkbar sicherster Weise vor sich gehen wird. Für die Verhütung von Cylinderbrüchen durch Wasserschlag ist ja ein natürlicher Abfluss, der dem Wasser geboten wird, bei weitem wirksamer als jede besondere Sicherheitsvorrichtung, die erst wirken kann, nachdem eine Ansammlung von Wasser bereits stattgefunden hat; und eine möglichst tiefe Lage des Schieberkastens gegen den Cylinder ist daher vom Standpunkte der Unfallverhütung aus entschieden zu befürworten. Doch hat die erwähnte Anordnung zu grofser Umständlichkeit im Schieberantrieb geführt, besonders beim Mitteldruckcylinder. Dieser wird durch Vermittlung zweier Schwingen gesteuert, während für die Niederdrucksteuerung, ebenso wie für den Grundschieber des Hochdruckcylinders, eine solche in Anwendung gebracht ist. Es würde hierbei auch für die richtige Lage der Drehpunkte günstiger gewesen sein, wenn die Lager der Schwingen für Mittel- und Niederdrucksteuerung nicht gesondert auf das Fundament gesetzt wären. Eine Befestigung am Maschinenbett würde die richtige

gesteuert.

Der Niederdruck

[blocks in formation]

Montirung, die dann auch schon in der Werkstatt hätte geschehen können, bedeutend erleichtert haben.

Die Maschine ist mit feststehenden Schmiervorrichtungen für die Triebwerksteile versehen, deren Bedienung daher eine gefahrlose ist. Die Kurbelzapfenschmierung geschieht von einem Oelgefäls aus, von welchem das Schmiermaterial zu einem in der Wellenachse liegenden Punkte fliefst und hier in die Mündung eines sich mit der Kurbel drehenden Rohres gelangt, das es durch die Fliehkraft dem Zapfen zuführt. Zur Schmierung des Kreuzkopfzapfens dient ein an der Rundführung befestigtes Oelgefäfs, mit welchem ein elliptisch gebogener federnder Stahlstreifen in Verbindung steht. Sobald sich das Oel in einem Tropfen an dem untersten Punkte des um den Streifen gelegten Dochtes gesammelt hat, wird es von einer mit dem Kreuzkopf hinund hergehenden Schneide abgestrichen und gelangt zum Zapfen.

Von sonstigen Unfallverhütungsmafsregeln findet sich das Gitter um die Kurbel, die Hülse um die durchgehende Kolbenstange sowie ein Klinkwerk zum gefahrlosen Andrehen des Schwungrades. Dann ist noch zu erwähnen die Anbringung eines Kolbenventils unter dem

Dampfabsperrventil,

[graphic]

durch

das

mechanische oder elektrische Auslösung unter Einwirkung eines fallenden Gewichts auch von entfernten Räumlichkeiten her geschlossen werden kann, um in Fällen der Gefahr die Maschine zum Stehen zu bringen. Gleichzeitig hat das Kolbenventil den Zweck, bei nicht arbeitenden Hoch- und Mitteldruckcylindern mit dem Regulator in Verbindung gesetzt zu werden und, als Drosselventil wirkend, die Niederdruckseite zu beeinflussen. Es ist also hierdurch die Möglichkeit gegeben, auch bei schwankendem Kraftbedarfe mit dem Niederdruckcylinder allein zu arbeiten. Andrerseits ist auch durch Anbringung eines Stutzens an dem Verbindungsrohre jzwischen Mittel- und Niederdruck

Dampf

eintritt

cylinder dem Falle Rechnung getragen, dass eine Ausschaltung
des letzteren wünschenswert erschiene.

Aufzugmaschine der Schiffs- und Maschinenbau-
Aktien-Gesellschaft »Germania, Berlin-Kiel.

Von obiger Firma war ein Aufzug zur Förderung
der Asche aus dem Heizraume eines Schiffes ausgestellt (in
der Maschinenhalle), welcher von einer kleinen schnell-
laufenden stehenden Zwillingsdampfmaschine an-
getrieben wurde. Diese ist durch Textfig. 4 dargestellt.
Sie besitzt einen Cylinderdurchmesser von 90 mm bei einem
Hube von 70 mm und macht je nach ihrer Belastung 700
bis 1600 Umgänge in der Minute.

deutscher Ingenieure.

An der Maschine fällt die grofse Einfachheit und Gedrängtheit in der Anordnung vorteilhaft auf. Sie besitzt ein geschlossenes kastenförmiges Gestell, dessen wagerechter Querschnitt ein Rechteck bildet. Das Gestell ist in zwei durch Flanschen und Schrauben verbundene Teile geteilt, und zwar ist die wagerechte Trennungsfläche in gleicher Höhe mit der quer durchgehenden Trommelwelle geführt, sodass der Lagerkörper der unteren, der Lagerdeckel der oberen Gestellhälfte angehört. Mit dem oberen Teile ist auch die Rundführung durch den Guss vereinigt, und der untere trägt, ebenfalls gleich mit vergossen, die beiden Kurbelwellenlager sowie mit diesen in Verbindung stehend eine Querwand, welche unter den Kurbeln cylindrisch ausgebildet ist und zum Ansammeln des abgeschleuderten Schmieröles dient. Die Kurbelwelle, Fig. 4.

[graphic]

die bei der grofsen Umgangszahl nicht mit Schwungrad versehen ist, besitzt zwei unter 90° gegen einander versetzte Stirnkurbeln und treibt die zu ihr rechtwinklig angeordnete Trommelwelle durch ein Schneckengetriebe an. Sowohl das Schneckenrad als auch das Dampfmaschinentriebwerk sind von dem Gestell umschlossen. Die unmittelbare Bedienung der Maschine ist hierbei durch seitliche Oeffnungen ermöglicht, während eine völlige Zugänglichkeit der beweglichen Teile nur durch Abheben des oberen Gestellteiles mit den Cylindern erreichbar ist. Doch fällt dies bei den geringen Abmessungen des Ganzen kaum ins Gewicht. Die Cylinder sind auf dem Gestell gegen die Rundführung zentrirt. Sie tragen die Steuercylinder gleich angegossen und bestehen ebenso wie diese mit dem unteren Deckel aus einem Stück. Die oberen Deckel von Dampf- und Steuercylinder sind mit einander vereinigt.

[ocr errors]

Die Steuerung der Maschine musste, ihrem Zwecke entsprechend, eine Umsteuerung sein. Als solche ist die Joy'sche Anordnung gewählt, und zwar in derjenigen Form, welche Z. 1885 S. 952 beschrieben ist 1). Da hierbei der Schieberantrieb nicht durch Exzenter, sondern durch einen von der Schubstange ausgehenden Hebel geschieht, so ergiebt sich die Lage des Steuercylinders gegen den Dampfcylinder nicht in der Richtung der Kurbelwelle, sondern senkrecht hierzu, sodass der Steuermechanis

1) Sonstige Veröffentlichungen über die Joy-Steuerung s. Z. 1887 S. 254 u. 588; 1888 S. 989; 1889 S. 985 usw.

mus beider Maschinenseiten sich an einer und derselben Seite aufserhalb des Gestelles befindet. Das hat zur Folge, dass die gleichzeitige Umsteuerung beider Seiten, welche in einer Drehung der Schleifbacken besteht, in einfachster Weise durch eine durchgehende, am Gestell gelagerte Welle bewirkt werden kann, welche an ihren Stirnflächen die beiden Schleifbacken trägt. Zu erwähnen ist noch, dass die Steuerung durch einen Kolbenschieber geschieht, sowie dass die Schieberstange noch einmal unterhalb des Gelenkes in einem Auge geführt ist, welches von der gegabelten Steuerstange umfasst wird.

Die Maschine ist mit ausgiebigen Schmiervorrichtun gen versehen, und auch dem Dampfe wird durch eine Oelpumpe Schmiermaterial zugeführt. Die geschlossene Form des Gestelles verhindert, dass bei der hohen Umdrehungszahl ein Umherschleudern des Oeles stattfindet. Vor dem Trommelwellenlager ist noch eine besondere Hülse angebracht, um das Spritzen nach aufsen zu vermeiden. Das hier und an der Steuerung abtropfende Oel wird durch besondere Angüsse am Gestell aufgefangen.

Auch zur Unfallverhütung dient die völlige Umschliefsung des Triebwerkes durch das Gestell. Als Sicherung gegen Unfälle ist ferner die der Fabrik (unter No. 39139) patentirte selbstthätige Anhaltvorrichtung (s. Z. 1887 S. 623) zu nennen. Diese besteht aus einer auf der oben

erwähnten Umsteuerungswelle drehbaren Hülse, die von der Trommelwelle durch ein Schneckengetriebe gedreht wird. Mit der Hülse ist eine Scheibe verbunden, in deren kreisbogenförmigem Schlitz zwei Anschläge an beliebiger Stelle festgeklemmt werden können. Diese werden, je nach

[ocr errors][ocr errors]

30. November 1889.

Rühlmann: Ueber Verteilung elektrischer Energie.

der gewünschten Förderhöhe, so eingestellt, dass sie an den
Umsteuerungshebel anschlagen und ihn zunächst auf kleinere
und schliesslich auf Nullfüllung bringen, wenn die Förder-
schale die beabsichtigte Höhe erreicht hat. Durch diese Ein-
richtung wird man zur Vermeidung des Ueberschlagens der

1145

Schale bezw. eines Seilbruches von der Aufmerksamkeit des Maschinisten unabhängig, ohne zu Zugstangen greifen zu müssen, welche durch einen an der Schale oder dem Seile befestigten Mitnehmer bewegt werden.

Ueber Verteilung elektrischer Energie.')

Von Prof. Dr. Richard Rühlmann.

Die Erzeugung gröfserer Energiemengen und ihre Verteilung an zahlreiche einzelne Verwendungsstellen ist eine von denjenigen Aufgaben, welche durch die Fortschritte der Elektrotechnik und das fortwährend wachsende Bedürfnis nach elektrischem Lichte in den Vordergrund des öffentlichen und auch des technischen Interesses gerückt worden sind. Es scheint in der That, als ob keine andere Energieform ihrem Wesen nach in gleicher Weise zur Lösung dieser in wirtschaftlicher und sozialer Beziehung wichtigen Aufgabe so geeignet wäre, als gerade die Elektrizität. Eine kurze und übersichtliche Zusammenstellung dessen, was in dieser Richtung bereits geschehen ist, welcher Hilfsmittel man sich zur Durchführung der Aufgabe bedienen kann, und welche Schwierigkeiten zur Zeit noch zu überwinden sind, dürfte daher auch denjenigen Ingenieuren von Interesse sein, welche nicht berufsmässig mit den technischen Anwendungen der Elektrizität zu thun haben.

Wenn vor der Hand auch noch immer das elektrische Licht die weitaus bedeutsamste Verwendung ist, auf welche bei der Verteilung elektrischer Energie Rücksicht zu nehmen ist, so sind doch auch die Erzeugung bewegender Kraft und die Hervorbringung chemischer Wirkungen nicht aufser acht zu lassen, man darf vielmehr annehmen, dass in dem Mafse, als elektrische Energie weiteren Kreisen zugänglich gemacht wird, auch noch neue, zur Zeit noch ungeahnte Anwendungen, sich von selbst ergeben werden.

Das Ziel, nach welchem man im allgemeinen zu streben hat, wird dahin festzustellen sein, dass man durch Erzeugung elektrischer Energie in möglicht grofsem Mafsstabe die wirtschaftlich günstigsten Bedingungen zu schaffen sucht, dass ferner die Verteilung der Energie auch an räumlich weit von einander entfernte Abnehmer ohne zu grofse Verluste und Unkosten möglich, und dass die einzelnen Abnehmer in ihrem Verbrauche von einander gänzlich unabhängig sind.

Als eine weitere Bedingung müssen vollkommene Zuverlässigkeit und die möglichste Gefahrlosigkeit derartiger Einrichtungen für Leben, Gesundheit und Eigentum bezeichnet werden.

Bis jetzt sind folgende Wege eingeschlagen worden, um elektrische Energie zur Verteilung zu bringen.

I.

Verteilungen mit Gleichstrom.

A) Unmittelbare Verteilungen

1. bei gleichbleibender elektrischer Spannung an den Verwendungsstellen durch Zweileiteranordnung, Dreileitersystem, Einrichtungen mit fünf und mehr Leitern;

2. bei gleichbleibender Stromstärke.

B) Mittelbare Verteilungen.

1. durch Gleichstromtransformatoren;

2. durch den Gebrauch elektrischer Sammler.

[blocks in formation]

Energie erzeugt wird, dem Elektrizitätswerke, noch eine Anzahl Verteilungsstellen zweiter Ordnung vorhanden sind, von welchen aus jedesmal ein Teil der ursprünglich erzeugten Energie aufgenommen und den einzelnen Verwendungsstellen zugeführt wird.

Es ergiebt sich auf diese Weise eine aufserordentlich grofse Zahl von Wegen für die Verteilung elektrischer Energie, und fast jeder ist mit Erfolg betreten worden. Aus den Erfahrungen, welche bei diesen Versuchen gemacht worden sind, scheint hervorzugehen, dass jede besondere Aufgabe zwar auf verschiedene Weise gelöst werden kann, dass es aber keine Anordnung giebt, welche ein für allemal den übrigen vorgezogen werden müsste. Wir wollen die einzelnen Vorschläge sowohl in ihrer Gesammtheit als nach ihren wesentlichen Teilen anführen und untersuchen, in welcher Weise sie den oben angeführten Grundforderungen genügen, inwiefern sie zuverlässig erscheinen, wirtschaftlich für den Unternehmer und die Abnehmer sind, und inwiefern sich Belästigungen für diejenigen, welche von der Energieverteilung Nutzen ziehen sollen, ausschliefsen lassen. Das Verteilungsnetz dagegen, also die elektrischen Leitungen sowie die besonderen Einrichtungen zur Regelung der Verteilung wollen wir späteren Mitteilungen vorbehalten und nur berühren, soweit dies zum Verständnis der einzelnen Systeme unbedingt nötig ist.

Das Zweileitersystem mit Gleichstrom.

Zur Zeit ist diese Art der Energieverteilung wohl noch immer die verbreitetste, wenigstens in Europa; insbesondere sind die Berliner Elektrizitätswerke, soweit sie bis jetzt in Betrieb sind, sowie die gröfseren Stromlieferungsanstalten in Hamburg, Bremen, Lübeck und Rostock auf diese Weise angeordnet. Der grofse Vorzug dieses Systemes ist seine Einfachheit in Anlage und Betrieb, sein grofser Nachteil der, dass es nur für räumlich verhältnismäfsig enge Gebiete (bis etwa 500 m von der Zentralstation) anwendbar ist, wenn man nicht entweder unwirtschaftlich hohe Summen in den unterirdischen Leitungen festlegen oder durch Hinzufügung selbstthätig wirkender Widerstände in den einzelnen Leitungen den Betrieb verwickeln und damit auf den Hauptvorzug, die Einfachheit, verzichten will. Ein weiterer Nachteil des Zweileitersystemes ist es, dass die Erzeugung der zur Verteilung gelangenden elektrischen Energie unbedingt möglichst im Mittelpunkte desjenigen Gebietes erfolgen muss, in welchem die Verteilung stattfinden soll.

Der Natur der Sache nach ist dieses System bisher nur in den volkreichsten Teilen grofser Städte zur Anwendung gekommen, in denjenigen Bezirken, in welchen Theater, Vergnügungsorte und grofse Geschäfte sichere und regelmässige Abnehmer waren. Den wirtschaftlichen Nachteilen, welche sich daraus ergeben haben würden, dass die Maschinenanlage in eine Gegend kommen musste, in welcher man die Unannehmlichkeiten, die mit jedem Maschinenbetriebe ziemlich unvermeidlich verbunden sind, am wenigsten ertragen mochte, suchte man dadurch entgegenzuwirken, dass man seitens der Unternehmer gröfsere Grundstücke mit umfänglichen Hofräumen erwarb und in diesen Höfen das Maschinenhaus mit Dampfesse errichtete, während das Vordergebäude, aufser den Räumlichkeiten für Verwaltung, Geschäfte aller Art aufnahm, deren Mietspreis eine leidliche Verziusung des Ankaufskapitales ergab. Um die Erschütterung durch bewegte Maschinenteile der Nachbarschaft möglichst wenig fühlbar zu machen, stellte man die Dampfmaschinen meist zu unterst in kellerartigen Räumen auf und trennte ihre Fundamente sorgfältig

« ZurückWeiter »