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so daß die Wahrheit kaum kenntlich blieb. Diese sogenannten Anekdoten wurden nach fremden Låns dern übergetragen, und nicht wenig Leute beurs theilten den Charakter des Königs nach diesen uns richtigen Erzählungen. Wie viele dergleichen habe ich nicht im Jahre 1781 auf meiner Reise durch Deutschland, in verschiedenen deutschen Ländern erzählen hören! Wie wenig fand ich Gehör, wenn ich nur die gröbsten Unwahrheiten dieser Art wis derlegen oder in Zweifel ziehen wollte! Ich schwieg daher mehrentheils.

Nach des Königs Tode, da die Aufmerksams keit von ganz Europa auf Seinen außerordentlis chen Geist, der in seiner sechs und vierzigjährigen glorreichen und glücklichen Regierung so manniche faltig sich entwickelte, gerichtet war, wurden auch alle Anekdoten von Ihm begierig wieder hervorge sucht, und viele theils einzeln, theils in verschiedenen Sammlungen gedruckt. Man kann eben nicht sas gen, daß in einer derselben auf sorgfältige Auss wahl, oder auf die Untersuchung von der Aechtheit oder Unachtheit der Erzählungen gesehen wäre. Sie waren nur gemacht die Neugierde zu befriedi gen, die sich oft mehr befriedigt hålt, wenn eine Ere zählung sonderbar oder luftig, als wenn sie wahr ist.

Die mir bekannt gewordenen Sammlungen find folgende:

Anekdoten und Charakterzüge aus dem Leben Fries

drichs II. 8. Berlin. XII Sammlungen oder Hefte. Anekdoten aus dem Leben Friedrichs des Großen. 8. Neuwied. XII Hefte in II Bånden.

(Die Herausgeber dieser beiden Sammlungen haben besonders in den lettern Heften einer des andern Arbeit gebraucht.)

Neue Sammlung von Anekdoten und Charakterzu gen aus dem Leben Friedrichs II, 8. Küßtrin. 1788. 1 Heft.

Beyträge zu den Anekdoten und Charakterzügen aus dem Leben Friedrichs II. 8. Berlin. 1788.

Die Anekdoten und Charakterzüge sind, bey allen ihren Mängeln, noch immer die beste Samms lung, sonderlich wenn man sie gegen dietTeuwiedsche hält, worinn größtentheils falsche und sehr mißvers standene Erzählungen zusammengestoppelt sind. Eben so ist die zu Küstrin herausgekommene Teue Sammlung, welche doch verschiedene wahre und sonst nicht bekannte Erzählungcu enthält, sehr dent Beyträgen vorzuziehen; denn diese enthalten eine Menge völlig erdichteter Erzählungen, Unterres

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dungen †), Einfälle, welche dem Geiste des Königs gar nicht ähnlich sehen.

Es ist noch eine reiche Quelle falscher Erzähluns gen vom Könige vorhanden, in zwey franzöfifchen Lebensbeschreibungen des Königs. Die eine schreibt man ziemlich ́allgemein Voltairen zu††), und in

einiz

1) 3. B. die Unterredungen mit Graun über die Mus sik vom Tode Jesu, und die Erzählungen, wie der König sich Rirnbergers Buch vom reinen Sage habe vorlesen laffen, sind sicherlich erdichtet. Der König hat sich nie irgend ein deutsches Buch vor: lefen lassen, am wenigsten ein Buch über die Theor rie der Musik. Die Graunsche Musik zu Ramlers Tod Jesu ist nie in des Königs Gegenwart aufgeführt worden; auch bey der ersten Auffüh rung im Dome zu Berlin, den 26. März 1755, war er nicht zugegen. Die Erzählungen S. 3, S. 7, S. 11, vom Großfürften, S. 15, S. 27, S. 28, von Agricola, S. 34 von deutschen Poeten, S. 45, S. 48die zweyte, S. 51, S. 57, S. 73 von dem berühms ten Hrn. Hofrath Zimmermann, S. 77, S. 80,S. 84 bis 90 von dem berühmten Musiker Quanz, die ganz wider des Königs und Quanzens Charakter ift, S. 91 vom Kapellmeister Graun, S. 97. u. a. m. sind gewiß völlig falsch.

+) La Vie privée du Roi de Pruffe ou Mémoires peur

fervir à la Vie de Mr. de Voltaire, écrits par luimême. 12 Amft. 1785, Der edle Graf Guibert sagt davon sehr richtig: Voltaire a écrit fur le Roi

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einigen einzelnen Stellen möchte man ihn fast zw erkennen glauben. Es ist aber zur Ehre dieses großen Schriftstellers zu wünschen, daß sie nicht von ihm seyn möge. Sie würde, von ihm gez schrieben, den schwärzesten Undank verrathen: denn sie enthält die gröbsten Unwahrheiten, und höchsts hämische Wendungen der unschuldigsten Handlun. gen des Königs; und von sich selbst rühmt er, als was großes und gutes, daß er, unter dem Man tel der litterarischen Freundschaft, ein Spion und geheimer Unterhåndler des französischen Hofes beym Könige gewesen sey. Die andere Lebensbe schreibung erschien nach des Königs Tode †). Sie enthält viel gute und wahre Erzählungen, aber eben so viel falsche und unrichtig verstandene. Selbst die bekanntesten Begebenheiten sind zuweilen nicht. richtig erzählt ††). Der Verfasser, der, wie man

merkt,

ou les plus atroces calomnies, fi les faits font faux, ou les plus viles médifances, s'il a revelé les fecrets de l'intimité; le Roi le favait, et il les a toujours méprifées et pardonnées.

4) Vie de Fédéric Roi de Pruffe. IV Tom, 8.Strasb. 1787. it) Der ungenannte Verfasser sagt . B. an vers schiedenen Orten: der König sey im siebenjäh rigen Kriege in die Reichsacht erklärt worden, (S. Vol. II, der kleinen Ausgabe S. 44. S. 50.) da dieß doch bekanntermaßen nie statt gefunden hat. Nikolai Anekb.v. K. Fr. II. 16 H.

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merkt, ein wenig. Deutsch versteht, hat deutsche Bücher gebraucht, welches ihm einen Vorzug vor folchen französischen Schriftstellern giebt, die In der deutschen Sprache ganz unwissend sind. Aber er hat die deutschen Bücher ohne alle Wahl, gute so wie schlechte gebraucht, er hat sie zum Theil bloß abgeschrieben, und oft das, was sie nur in gewisser Rücksicht sagten, aufs Allgemeine gezogen, und umgekehrt t). Oft hat er die Bücher aus Mangel gründlicher Kenntniß der Sprache gar nicht verstanden, und ist dabey zuweilen in die lächerlichsten Fehler tt) gefallen. Zus

gleich

(†) Z.B. im III. Bande schreibt er das vortrefliche Buch von Schlesien mit sichtlichem Plagium aus, ohne es, so wenig wie ein anderes zu nennen, weiß aber die Einrichtungen, die bloß Schlesien angehen, von denen nicht zu unterscheiden, die Schlesien mit allen preußischen Provinzen ganz oder zum Theil gemein hat, weil er die Länder gar nicht kennt, über deren Verfassungen er zu schreiben uns ternimmt. Daher sind seine eingemischte eigene Anmerkungen mehrentheils so sar schief.

H) 3. B. im III. Bande (S. 98 der kleinen Ausgabe) sagt er:,, la chambre royale leve les revenus des

communités des villes." Da versteht er nicht was Råmmerey ist, (nämlich die Renthey des Magis strars, welche bloß von den Magiftråten abhängt,) and glaubt, es sey von der Rönigl. Kriegs und

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