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könne und wolle, so würde es ihm eine wahre Freude seyn. Zugleich sendete er ihm das Paket der Briefe unentsiegelt zureck, und versicherte dem Markis, daß er noch sein ganzes Vertrauen habe, und daß Er daher diese Briefe nicht zurücknehmen könne und wolle.

Der Markis reisete im Jahre 1769 nach Frank reich. Der König war so gerührt, daß er ihn nicht wollte persönlich Abschied nehmen lassen, sondern es schriftlich that. Der Markis dachte so delikat, daß er die Briefe des Königs, ungeachtet der Kds nig sie ihm nochmals wiedergegeben hatte, nicht mit fich nehmen wollte, sondern sie jemand in Vers wahrung gab. Wenn man dieses so redliche und vorsichtige Verfahren des Markis gegen das Bes tragen Voltaire's hålt; so fällt nur allzusehr in die Augen, wer von beyden den König wahrhaftig geliebt habe, und welcher wirklich dankbar gewesen sey.

D'Argens lebte in Frankreich etwas über ein Jahr, meistens zu Eguilles, eine kleine Meile von Air. Den Winter zu Ende 1770 wollte er bey seiner zweyten Schwester, der Baronesse de la Garde, auf einem Gute nahe bey Toulon zubringen. Es ftieß ihm aber bald ein Fieber zu. Er ward des wegen nach Toulon gebracht, wo er aber im Aus

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fange des Jahres 1771, wie man glaubt, aus Un geschicklichkeit des Arztes, starb.

Der Markis war ein Mann von ansehnlicher Länge und wohl gewachsen. Er hatte eine offene Physiognomie, welche Jovialität, Gutmüthigkeit und große Lebhaftigkeit ankündigte. Sein Groß vater, ber Markis de Boyer, war ein großer Kens ner der schönen Künste. In seinem Hause wohne ten beständig Baumeister, Maler, Bildhauer und Musiker. Er hatte auch einige von diesen Künste lern beständig im Gehalte, wovon im Familienz Pallaste zu Air noch jeht Denkmäler zu finden sind. Diese erweckten bey seinem ältesten Enkel die Liebe zu den Künsten. Er gab daher auch gern guten Künstlern in seinem Hause zu Potsdam Zutritt, *und empfahl sie dem Könige so viel er konnte. Auch ivaren die meisten Stunden des Tages in seinem Hause, nebst der Lektur, der Malerey und Musik gewidmet. Seine Gemahlin übte beide Künste 'auf eine vorzügliche Weise, so wie auch seine TochEr las gern seinen Hausgenossen vor, und Begleitete diese Lektur mit mündlichen Anmerkunz gen. Wenn er während des lehtern Winters, den er in Potsdam zubrachte, Abends beyin Könige Speisen sollte, so as er des Mittags nichts, als

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eine Suppe, weil ihm zwey Mahlzeiten des Tages beschwerlich fielen. Während seine Hausgenossen dann zu Mittag aßen, las er ihnen Plutarchs Leben großer Männer in Daciers Uebersehung vor, um ihnen Vergnügen zu machen. Er ward in sei ner ganzen Familie wie ein Patriarch verehrt, unb wie ein Bater geliebt; und er verdiente beides. Er selbst liebte den König bis zu seinem lehten Athem zuge. So sehr es ihm in der Provence gefiel, so dachte er doch immer nach Potsdam und an den König mit wahrer Zärtlichkeit und Sehnsucht, und war wirklich, willens zurückzukommen, wenn ihn nicht der Tod übereilt hätte. Der König liebte ihn ebenfalls, und sendete nach seinem Tode dør Wittwe eine ansehnliche Summe, um ihm in sei nem Vaterlande ein Denkmal von Bildhauerarbeit errichten zu lassen. -*

XIV.'

Im Jahre 1785 sprach der König mit einem sehr verdienten Mannë, von der Art, wie ein junts ger Prinz, der künftig Regent werden soll, erzogen werden müsse. Unter andern auch darüber, daß ein künftiger Regent früh lernen müsse seine Macht recht zu gebrauchen, aber eben so sehr, sie nicht zu

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mißbrauchen. Erseßte hinzu: „Verschiedene Dinge 29, find ihrer Natur nach so beschaffen, daß ein Re gent nie seine Macht bis auf sie muß ausdehnen ,, wollen. Darunter gehört hauptsächlich: Relis gion und Liebe!" Dieß ist meines Erachtens einer der erhabensten und wahrsten Gedanken, wel: che je ein. Regent eines großen Reichs gedacht, oder gesagt hat.

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XV.

Im Anfange des Aprils 1786, als der König schon sehr schwach war, und noch auf dem Schloffe in Potsdam wohnte, ließ er sich an einem schönen Tage gegen Mittag auf die sogenannte grüne Treppe tragen, wo er sich an dem warmen Sonnenlichte erquickte. Er hatte schon eine ziemliche Zeit gesess sen, als er erst bemerkte, daß die beiden Grenadiere, welche da Schildwache stehen, immer noch das Ges wehr scharf beym Fuß hatten. Er winkte einen derselben zu sich heran, und sagte mit gütigem Tone: Geht ihr immer nur auf und nieder. Ihr könnt nicht so lange stehen, als ich hier fo »fißen kann.“

Zweifel und Berichtigungen

über

schon gedruckte Anekdoten

von

König Friedrich II.

Schon beym Leben des Königs wurden sehr viele

Anekdoten von demselben erzählt, besonders in Berlin, wo freymüthig über alle Gegenstände zu sprechen seit dem Regierungsantritte dieses großen Monarchen allgemein gewöhnlich war. Von dies sen Anekdoten waren die allerwenigsten wirklich authentisch. Die meisten waren ganz falsch und bloß erfonnen; denn es gab nicht wenig Leute, die sich den Charakter des Königs so wie ihren eiges nen vorstellten, und ihm Vorfälle, Antworten und wißige Einfälle andichteten, die ihm nie eingefallen waren noch einfallen konnten. Wenn andere auch etwas Wahres enthielten, so ward es oft mißverstanden, entstellt, und so wie es von Munde zu Munde ging, immer mehr mit Falschheit vermischt,

To

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