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wolle auch nicht allzulange bleiben, sondern den Markis seiner Bequemlichkeit und seinen Schlafz müßen überlassen; und nahm mit einem luftigen Komplimente Abschied †).

In einem der Zimmer war eine kleine auserler sene Handbibliothek aufgestellt. Unter denselben fielen besonders viele prächtig gebundene große Bånde in die Augen, welche sehr leserlich die Titel aller Werke der verschiedenen Kirchenvåter · zeigten. Auch unterließ der König nicht anzumers ken: der Markis werde hier seine guten Freunde, die Våter, in aller ihrer Glorie finden. Als der König weg war, ging die Aufmerksamkeit des Mar: tis zuerst auf die Bibliothek, und in dieser auf die prächtigen Ausgaben der Kirchenvåter. Was fand er? Alle diese prächtigen Bände enthielten bloß lediges Papier. - *

X.

Der Markis fing schon während des siebenjäh rigen Krieges an, sich um die Verdienste der Deutz D 3 schen

1) Die Markise ist das einzige Frauenzimmer, das mit ihrer Familie auf einem der Luftschlösser des Königs eigentlich gewohnt hat. Er wünschte ihr daher in dieser neuen Wohnung einen jungen Erben.

fchen in den Wissenschaften und in den Künften mehr zu bekümmern. Er fragte jedermann darum, ließ sich Auszüge aus einigen Büchern machen, und hat auch in seinen leßtern Schristen vielfältig von den Deutschen mit größter Hochachtung gesprochen. Eben so sprach er von ihnen mit dem Könige, mit dem er gewöhnlich alles abhandelte, was er unter Hånden hatte. Er und der Oberste Quintus Jcis lius waren eigentlich die ersten, welche den König aufmerksam- machten, daß seit 1740 eine vortheils hafte Revolution in der deutschen Litteratur vors gegangen sey.

Der Markis ward leicht enthusiastisch, und so ward er es auch für die deutsche Nation. Besons ders als im Jahre 1766 eine Menge Franzosent als Accife Bedienten ins Land kamen, und noch eine größere Menge, worunter freylich zum Theil Abenteurer und schlechte Leute waren, hinzu liefen, in der Meinung, bey uns ihr Glück zu machen; årgerte der alte Markis sich dermaßen darüber †),

daß

†) Er brauchte harte Worte von Helverins, 'welcher eigentlich bey seiner Anwesenheit in Berlin dem Könige diesen Rath gegeben hatte. Es kam noch hinzu, daß er gerade zu der Zeit, als die französi the Accife Einrichtung bey uns genracht ward,

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daß er gar nicht mehr ein Franzose heißen wollte. Er demonstrirte uns, daß er wohl nun für einen Deutschen gelten könnte, da er långer als zwanz jig Jahr in Deutschland wohne. Man kann leicht denken, daß ihm Recht gegeben ward.

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Einsmals erzählte er mir, daß einer von den jungen hergelaufenen Franzosen ihn mit der Bitte angetreten habe, ihm als Landsmanne durch seine Empfehlung einen Posten zu verschaffen. Er sezte voll Zorn hinzu: „Ich habe den Kerl zum T.. ges „schickt! Ich? des Kerls Landsmann? Ich! der „, ich die Ehre habe ein Deutscher zu seyn!“~*

XI.

Um diesem guten Manne, den ich immer mehr liebte und schäßte, je mehr ich ihn kennen lernte, D 4

ein

von seiner zweyten Reise aus der Provence zurück kehrte. Die Französen waren damals äußerst vers haßt, daher fand er sogar in allen Posthäusern faure Gesichter und kaltsinnige Aufnahme. An einigen Orten, wo man ihn kannte und sonst liebes voll begegnet hatte, ward er mit höhnischen An merkungen entpfangen, weil man sich wegen seiner Reise nach Frankreich einbildete, er sey der urhes ber der damaligen Neuerungen. Dieß machte einen sehr unangenehmen Eindruck auf ihn, der nie ganz ausgelöscht wurde.

ein Bergnügen zu machen, fiel mir ein, eine deuts fche Uebersehung seiner jüdischen Briefe zu vers anstalten. Ich that ihm dieß kund, und er hatte, was ich gar nicht erwarten konnte, eine ganz unglaubliche Freude darüber. Er war damals gerade in seinem größten Eifer für die deutsche Nation, und schäßte es sich zur Ehre, vor derselben noch in feinem Alter mit einem Werke zu erscheinen, wel ches er mit Recht für sein bestes hielt †). Er bes Fand darauf, vor der Uebersehung das Original noch ganz durchzusehen, zu verbessern und zu vers mehren. Daher ist in der deutschen Ueberseßung vieles enthalten, was man in allen gedruckten französischen Ausgaben nicht findet. Ich besihe noch das von des Verfassers Hand verbesserte und vers mehrte französische Exemplar.

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1) Als er dieß Buch im Jahre 1735 in Holland schrieb, war ihm der dortige feuchtkalte Winter sehr bes schwerlich, und der Geruch des Torfes unerträgs lich. Er brachte daher, um warm zu seyn, ob er gleich völlig gesund war, den ganzen Winter meist im Bette zu, und so schrieb er den größten Theil dieser jüdischen Briefe. Er blieb völlig gefund dabey, ob er gleich im Essen und Trinken eben nicht die frengste Diät beobachtete.

Unter andern Nachrichten, die er sich von vers fchiedenen Personen aus dem neuern Zustande der deutschen Nation hatte erzählen lassen, war auch, daß Bodmer und Breitinger große Verdienste um die Verbesserung des guten Geschmacks in Deutschs land gehabt hätten. Der Markis war ein Franzose: die Worte Suiffe und bon gout schienen ihm beym ersten Anblicke widersprechend zu seyn, †) und er fiel ins Perfifliren. Aber er war auch ein billiger und Lehrbegieriger Mann, der sich im Ernste unterrichten wollte. Er hörte also die an, welche ihm die Bec schaffenheit der Werke dieser verdienten Månner ers klärten, und erhielt sogar einige Auszüge daraus. Nach seiner Gutherzigkeit: denjenigen, denen er glaubte Unrecht gethan zu haben, es möglichst wies der gut zu machen, rühmte er nun die schweizeris schen deutschen Schriftsteller bey allen Gelegens heiten, auch gegen den König. Dessen Beyfall er hielt er leicht dabey; denn der König, zur allgemei nen Uebersicht in allen Dingen so sehr gewöhnt, pflegte auch über die Nationen im Allgemeinen leicht abzusprechen, und da hatte er z. B. die

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4) Poetes Suiffes. L'accouplément feul de ces mots fair rire, fagt Mercier im Bonnet de Nuit, T. IV, S. 73.

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