Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

21 Septemb. 1922

unter anderem eine Vereinheitlichung zum Ziel hat. Es läßt zwar die Nebe der einzelnen Gesellschaften bestehen, erstrebt jedoch die Schaffung gleichmäßiger Einrichtungen auf allen Neßen. Der springende Punkt des neuen französischen Gesebes ist aber die Schaffung einer Gemeinschaftskasse, an die die Eisenbahnen ihre Betriebsüberschüsse abführen, um sie dann, nach einem bestimmten Schlüssel verteilt, derart zurückerhalten, daß den notleidenden Unternehmungen von den mit Überschüssen arbeitenden aufgeholfen wird. Auch das französische Geseß befaßt sich mit der Regelung der Tarife, um das Wirtschaften mit Fehlbeträgen zu beseitigen.

*

Internationale Beziehungen. Nun noch ein Wort über die Wiederherstellung der internationalen Beziehungen im Eisenbahnverkehr! Nach vorbereitenden Besprechungen in Paris fand im März und April 1921 in Barcelona zur Erörterung von Verkehrsfragen eine Tagung des Völkerbundes statt, zu der auch Deutschland zugezogen war, obgleich es bekanntlich dem Völkerbund nicht angehört. Hier wurden zum ersten Male Richtlinien für die Schritte festgesekt, die zu tun sind, um den internationalen Verkehr wieder aufzubauen. Zu gleicher Zeit trafen in Stresa am Lago Maggiore 14 europäische Staaten zusammen, um die Bedingungen für die gegenseitige Benußung ihrer Güterwagen zu vereinbaren. Im Oktober 1921 folgten sodann die Verhandlungen der sog. Nachfolgestaaten, d. s. die Staaten, zu deren Gebiet ießt ehemalig österreichisch-ungarische Bestandteile gehören, in Portorose, einem kleinen Seebad bei Triest. War auch hier nur ein engerer Kreis von Staaten vertreten, deren Verkehrsbeziehungen durch den Krieg zerrissen worden sind und nun neu angeknüpft werden sollten, so hatten doch die Abmachungen von Portorose insofern besondere Bedeutung, als sie die Grundlage für den auf den internationalen Verkehr bezüglichen Teil der Verhandlungen in Genua im April und Mai 1922 gebildet haben. Es kam auch in Genua, wo Deutschland zum ersten Male bei derartigen Verhandlungen nach dem Kriege als gleichberechtigtes Glied im Rate der Völker behandelf wurde, noch zu keinen endgültigen Abmachungen, es wurden aber doch hier auf dem Wege zu einem erneuten Zusammenschluß der Staaten in bezug auf den Verkehr, der ihre Grenzen überschreitet, weitere bedeutsame Schritte vorwärts gemacht. Die Eisenbahnverwaltungen sollen nunmehr unter Ausschluß der Diplomatie, wie sie es schon vor dem Kriege gewohnt waren, verhandeln und internationale Abmachungen treffen. Den ersten Schritt muß Frankreich tun, dem der Auftrag erteilt worden ist, die Eisenbahnverwaltungen zu den nötigen Verhandlungen einzuladen. Man hat bisher noch nichts davon gehört, daß Frankreich irgend etwas gefan häffe, um diesen seinen Auftrag zu erfüllen.

Ein Vorbild für das Ziel, nach dem im internationalen Verkehr neuerdings gestrebt wird, bildet der Verein deutscher Eisenbahnverwaltungen. der im November 1921 auf eine 75jährige Tätigkeit zurückblicken konnte, also über eine reiche Erfahrung in der Schaffung und Pflege internationaler Verkehrsbeziehungen verfügt. Erstreckte sich doch sein Verkehrsgebiet weit über die deutschen Grenzen hinaus. Wenn er etwa der Vorläufer eines Vereines europäischer Eisenbahnverwaltungen wäre und Deutschland in ihm die Stellung erringen könnte, die ihm nach seiner Lage im Herzen Europas und der Bedeutung seines Verkehrswesens zukommt, so wäre dies einerseits eine wohlverdiente Anerkennung für das, was deutsche Tatkraft auf diesem Gebiet bisher geschaffen hat, anderseits ein wichtiger Schritt auf dem Wege zu dem Ziel, Deutschland auch in anderen als Verkehrsbeziehungen wieder eine Stellung zu verschaffen, bei der es gleichberechtigt unter den übrigen Völkern dasteht, wenn es auch die maßgebliche Rolle, die es vor dem Kriege gespielt hat, noch nicht so bald wieder wird einnehmen können. Der Verkehr ist bekanntlich die Grundlage des Wirtschaftslebens, und dieses wiederum beeinflußt, zuweilen sogar ausschlaggebend, die Politik, wenn es auch anderseits stark von ihr abhängt. So könnte Deutschland auf dem Umweg über das Verkehrswesen und durch seine Wirtschaft vielleicht wieder zu politischem Ansehen kommen, ein Ziel, zu dem ihm der Weg durch die Mittel der früheren Zeit, die Macht seines Heeres und seiner Fotte, auf lange Zeit verschlossen ist. (W 124] Geh. Reg.-Rat Wernekke. Berlin. Wirtschaftsbericht aus Frankreich

(Von unserem Sonder-Berichterstatter) Die allgemeine wirtschaftliche Lage bessert sich fortwährend, wenn auch nur sehr langsam. Das Steigen des englischen und amerikanischen Geldkurses steht dieser Besserung

nicht entgegen; die französischen Absaßmöglichkeiten und Außengeschäfte können dadurch nur gewinnen. Anderseits aber ist nicht zu verkennen, daß die eigene vermehrte Nachfrage im Lande selbst zum großen Teil die Geschäftsbewegung anregt. Ein weiterer Grund dieser allgemeinen Besserung liegt darin, daß besonders in industriellen Kreisen mit einem Stillstehen der Preisbewegung für den Rest des Jahres gerechnet wird. In bezug auf die Rohstoffe erwartet man sogar eher eine Preisverbesserung nach oben. Dies veranlaßt viele Unternehmer, nicht nur jeßt ihren Bedarf zu decken, sondern sogar ein kleines Lager zu schaffen.

Was den Ausfuhrhandel anbetrifft, so ist zu sagen, daß (entgegen den französischen Zeitungsmeldungen) die französischen Außengeschäfte bisher unter dem Sinken der Mark kaum gelitten haben.

Die deutschen Zwangskohlenlieferungen haben in letter Zeit merklich zugenommen, was den französischen Hochöfen gestattet, die Produktion zu erhöhen. Man rechnet deshalb auch mit der Inbetriebseßung einiger Ofen im Norden und in Lothringen. Die Produktion der Stahl- und Walzwerke ist ebenfalls in stetem Steigen begriffen, ihr Absaß im In- und Ausland ist befriedigend.

Die Preise der Halb- und Rohprodukte sind, wie aus den nachstehenden französischen Konjunkturtafeln hervorgeht, während der lekten Monate fast ohne Schwankungen geblieben. Dies hatte natürlich ein Gleichbleiben der Preise aller Fertigwaren zur Folge.

Die Fabrikanten von Werkzeugmaschinen aller Art beklagen sich, daß immer noch viele Franzosen ihren Bedarf in Deutschland decken. Dies trifft besonders für die schweren, großen Maschinen zu, wie Stanzmaschinen, Pressen, Bohrwerke usw., deren Konstruktion von den französischen Fabrikanten eben augenscheinlich vernachlässigt war.

Eine befriedigende Nachfrage herrscht nach landwirtschaftlichen Maschinen, begründet einerseits in den hohen Preisen der landwirtschaftlichen Produkte, anderseits in den allgemein guten Ernteaussichten. Die Getreideernte macht freilich eine Ausnahme, sie wird nur mager ausfallen.

In der chemischen und pharmazeutischen Industrie ist eine leichte Geschäftsbesserung zu melden dank dem vermehrten Absa nach den alten und neuen Kolonien und den Protektoratsländern. Dieses Zunehmen der Geschäftstätigkeit mit den Kolonien ist übrigens für alle industriellen Zweige festzustellen, und es ist ohne allen Zweifel, daß Frankreich auf diesem Gebiet noch vieles erreichen kann.

Im Norden ist die Textilindustrie voll beschäftigt, und die Aufträge reichen bis in den Winter hinein. Die Nachfrage auf dem Seiden- und Baumwollmarkt ist recht lebhaft und bewirkt ein Steigen der Preise, namentlich für Cevenner- und Italienerseide.

Wenn auch die deutschen Sachlieferungen gemäß dem Wiesbadener Abkommen noch nicht sehr umfangreich sind, und wenn auch die französischen Tagesblätter recht sehr darüber klagen, so ist dennoch in den zerstörten Gebieten die größte Rührigkeit festzustellen. In den übrigen Landesfeilen aber ist das Baugewerbe noch nicht in seinen normalen Bahnen.

Auf dem Lebensmittelmarkt war seit einiger Zeit ein allgemeines Nachlassen der Preise erwartet worden, bis jekt jedoch traf es noch nicht ein. Die Haushaltkosten sind fast die gleichen wie Anfang des Jahres, obwohl an vielen Orten, sowohl in Paris als auch in den Provinzen, die Löhne um 10 bis 20 vH herabgedrückt worden sind.

Zusammenfassend kann gesagt werden: Die Geschäfte, und besonders die Ausfuhrgeschäfte, gehen besser; die wirtschaftliche Krise macht sich in industrieller Hinsicht weniger fühlbar als vor 7 Monaten. Die Lebenshaltungskosten bleiben auf ihrer Höhe, die Löhne sinken, was da und dort zu ernsten Streitigkeiten und Arbeitseinstellungen führt und den Schluß zuläßt, daß Arbeiter- und Mittelstand noch nicht aus den harten Zeiten heraus sind. [W 125]

[blocks in formation]

Französische Konjunkturtafeln

deutscher Ingenieure

[graphic][subsumed][subsumed][subsumed][subsumed][subsumed][subsumed][subsumed][subsumed][subsumed][subsumed][subsumed][subsumed][subsumed][subsumed][subsumed][subsumed][subsumed][subsumed][subsumed][subsumed][subsumed][ocr errors][subsumed][subsumed][subsumed][subsumed][subsumed][subsumed][subsumed][subsumed][subsumed][subsumed][subsumed][ocr errors][subsumed][subsumed][subsumed][merged small][subsumed][subsumed]

Mit Ausnahme des Preises für Baumwolle, der stark in die Höhe ging, und des für Kupfer, der großen Schwankungen unterlag, sind die Preise für Rohund Halbstoffe während der leßten Monate ziemlich unverandert geblieben. Die Erhohung des Baumwollpreises steht mit dem Steigen des amerikanischen Geldkurses in engem Zusammenhange. Die Lebenshaltungskosten blieben ebenfalls auf ihrer alten Höhe, so daß von einer Festigung der allgemeinen wirtschaftlichen Lage gesprochen werden kann.

[graphic]

5

Kupfer am 13. Sept.: 508,84 M/100 kg Zur deutschen Konjunkturtafel (vergl. S. 859): Baumwolle am 13. Sept.: 864,40 M/kq

Dollar am 14. Sept.: 1600 M/S
Aktienziffer am 8. Sept.: 64879

23. Septemb. 1922

Das Stinnes-Abkommen über Wiederaufbaulieferungen nach Frankreich

zu

Das Wiesbadener Abkommen und die beiden Zusakverträge, das Bemelmans- und das Gillet-Abkommen, die am 20. Juli in Kraft getreten sind, geben den französischen Besfellern und den deutschen Lieferern die Möglichkeit, unbehindert von behördlichen Hemmungen Abschlüsse auf Lieferung von Materialien für den Wiederaufbau der zerstörten französischen Gebiete durch freie Vereinbarung auf kaufmännischer Grundlage zu tätigen). Der erste große Sachleistungsvertrag auf dieser Grundlage ist Ende August zwischen dem Marquis Guy Jean de Lubersac und Hugo Stinnes abgeschlossen worden. Die Teilnahme von Stinnes ist deshalb besonders bemerkenswert, weil dieser ein überaus heftiger Gegner des Wiesbadener Abkommens war, da er in dem einseitigen Optionsrecht, das Frankreich in dem Abkommen zugestanden ist, eine Gefahr für die deutsche Industrie erblickte. Lubersac ist Vorsitzender des Generalverbandes der Wiederaufbaugenossenschaften der zerstörten Gebiete. Diesem Verband gehören 70 vH der Wiederaufbaugenossenschaften mit etwa 190 000 geschädigten Hausbesikern an; deren Schadensersalforderungen stellen einen Gesamtwert von 13 Milliarden Fr. dar. Da infolge des offensichtlichen Versagens des beiderseitigen Behördenapparates bisher eine Lieferung deutscher Materialien in kaum nennenswertem Umfang erfolgt und die Wiederherstellung der zerstörten Gebiete Frankreichs dadurch nur unzureichend vorangeschritten ist, hat der Generalverband kürzlich beschlossen, umgehend von dem ihm auf Grund der genannten Abkommen zustehenden Recht Gebrauch zu machen und unmittelbar mit der deutschen Industrie Fühlung nehmen. Bei den Besprechungen legte Lubersac die krifische Lage der obdachlosen französischen Geschädigten dar und wies besonders auf den günstigen Einfluß hin, den eine wirksame Mitarbeit Deutschlands am Wiederaufbau auf die deutschfranzösischen Beziehungen ausüben würde. Ein aus 13 Punkten bestehender Vertrag wurde am 30. August von Lubersac und am 4. September von Stinnes unterzeichnet und alsbald - den beiderseitigen Regierungen zur Genehmigung vorgelegt. Auf Anregung von Stinnes wird die „Aktiengesellschaft für Hoch- und Tiefbau" in Essen als Vermittlungsstelle für die Ausführung der Sachlieferungen eingeseßt, da diese Gesellschaft im Aufbauwesen besonders erfahren ist und unmittelbare Beziehungen zu den deutschen Industriezweigen hat, die für den Aufbau in Frage kommen. Die „Hoch und Tief" darf für ihre allgemeinen Unkosten und ihren Nußen einen Aufschlag berechnen, der in keinem Fall 6 vH des Preises übersteigen darf, den sie in Deutschland für die gelieferten Waren bezahlt hat. Dieser Aufschlag wird in die Summe einbegriffen, die Deutschland für die tatsächlichen Sachlieferungen gutgeschrieben wird. Die abzuliefernden Erzeugnisse werden durch die „Hoch und Tief" geprüft; der Generalverband wird in der Prüfungskommission vertreten sein mit dem Recht, die Waren anzunehmen oder abzulehnen. Die in Deutschland abgenommenen Waren dürfen in Frankreich nicht zurückgewiesen werden. Die Gesellschaft wird die französischen Bestellungen unter eigener Verantwortung gemäß den Vorschriften der deutschen Regierung an die deutsche Industrie verteilen. Auch behält sie sich in Anbetracht des großen Umfanges der Lieferungen vor, sich mit anderen deutschen Firmen zusammenzutun, die für das Wiederaufbauwesen besondere Erfahrungen aufweisen. Anderseits ist die Hoch und Tief“ verpflichtet, Bestellungen auch an solche Firmen zu geben, die der Generalverband vorschlägt, sie hat in solchen Fällen aber das Recht auf Prüfung und Abnahme hinsichtlich des Preises und der Beschaffenheit der von diesen Firmen zu liefernden Erzeugnisse.

Als Voraussetzung für die wirksame Durchführung der Sachlieferungen darf nach Ansicht von Lubersac der Preis der von Deutschland zu liefernden Waren auf keinen Fall den Preis der entsprechenden, von Frankreich gelieferten Waren übersteigen, da die Kriegsentschädigung der französischen Geschädigten demgemäß festgeseßt ist. Werden die Lieferverträge zu Festpreisen abgeschlossen, so sind beide Parteien zur Abwicklung verpflichtet. Der Generalverband legt Wert darauf, daß solche Verträge in französischen Franken getätigt werden. Bei Verträgen, die zu Gleitpreisen abgeschlossen werden, hat der Generalverband das Recht, die Annahme der Lieferung zu verweigern, wenn zur Zeit der Ablieferung der deutsche Preis frei Bestimmungsbahnhof der zerstörten Gebiete höher ist als der Preis der entsprechenden Erzeugnisse des französischen Marktes. Alsdann hat der deutsche Lieferer das Recht, in den französischen Marktpreis einzutreten.

Vergl. Z. 1922 S. 705.

Zur verstärkten Lieferung von Baustoffen, wie Zement, Ziegelsteinen, Dachziegeln, Kalk usw., bezeichnet Stinnes in dem Vertrag die Freigabe eines bestimmten Anteils der monatlich von Deutschland an Frankreich zu liefernden Kohlenmenge als erforderlich. Die freizugebende Menge soll dem für die Herstellung der genannten Erzeugnisse unbedingt notwendigen Verbrauch entsprechen. Die Verteilung der Kohle auf die verschiedenen Betriebe wird die Firma Hugo Stinnes in Verbindung mit dem Rheinisch-Westfälischen Kohlensyndikat übernehmen. Auch werden die Firma Stinnes und das Syndikat darüber wachen, daß die freigegebenen Kohlen ausschließlich für die Verstärkung der Erzeugung von Sachlieferungen Verwendung finden. Die erforderlichen Kohlenverbrauchziffern werden von einer deutsch-französischen Kommission festgeseßt werden.

Das Abkommen gilt nur unter der Vorausseßung, daß die deutschen Warenlieferungen unter dem Titel „Sachlieferungen" nach dem französischen Mindestzoll verzollt werden. Im Falle einer Erhöhung der Zollsäge nimmt der Verband die Kosten für die vor der Erhöhung abgeschlossenen Lieferverträge zu seinen Lasten.

Die Dauer des Abkommens ist die gleiche wie die des Wiesbadener, Bemelmans- und Gillet-Abkommens. Der Vertrag trift jedoch erst in Kraft, wenn er von den beiden Regierungen genehmigt ist. Die französische Regierung hat ihre Genehmigung bereits erteilt, an die Freigabe der Kohlen allerdings die Bedingung geknüpft, daß Deutschland das von der Wiedergutmachungskommission aufgestellte Kohlenlieferprogramm nach Menge und Sorten in vollem Umfang erfüllt. Auch dürfe die Freigabe nur nach vollkommener Befriedigung der eigenen französischen Bedürfnisse erfolgen. Die Genehmigung der deutschen Regierung liegt noch nicht vor, jedoch ist an ihrer Gewährung nicht zu zweifeln, da der Wiederaufbauminister, Staatssekretär Walther Müller, ausdrücklich erklärt hat, daß die Regierung den Vertrag begrüße, der durchaus in der Richtung der von der jeßigen deutschen Regierung getriebenen Erfüllungspolitik liege.

Nachdem die deutschen und französischen Regierungsbehörden während dreier Jahre die deutschen Sachleistungen kaum nennenswert gefördert haben, ist dringend zu hoffen, daß durch den Stinnes-Vertrag der Wiederaufbau der zerstörten Gebiete nunmehr kraftvoll gefördert wird, damit dieses Haupthemmnis für eine Verständigung der beiden Völker bald aus dem Wege geräumt wird. [W 127]

Deutsches Industrie-Kapital in Sowjetrußland

Der russische Professor Krug berichtete in der Staaflichen Plankommission in Moskau über seine Verhandlungen mit deutschen Elektrizitätsfirmen. Diese wünschen, nach Professor Krug, die Möglichkeit zu haben, in Rußland eigene Niederlassungen zu gründen. Während in den Kreisen der genannten Kommission wie auch bei der Hauptverwaltung der russischen Elektrizitätsunternehmungen anscheinend die Geneigtheit besteht, diesem auf Zweckmäßigkeitsgründen beruhenden Wunsch der deutschen Firmen zu entsprechen, verhält sich das Außenhandelskommissariat diesem Plan gegenüber vollständig ablehnend. Das Kommissariat beharrt darauf, zum Zwecke des Wiederaufbaues der Elektrizitätsindustrie ,,gemischte Gesellschaften" unter Beteiligung des Staates zu gründen. Bezeichnend ist, daß die Plankommission den Wunsch geäußert hat, die Verhandlungen mit den deutschen Firmen möchten in Rußland und nicht im Auslande weitergeführt werden.

Vor kurzem wurden Nachrichten verbreitet über die Gründung einer gemischten Gesellschaft, an der deutscherseits die Firmen Stinnes, Krupp und die A. E. G. beteiligt wären. Die Osteuropäische Wirtschaftszeitung ') bemerkt dazu, daß nach ihren Informationen zwar Verhandlungen in dieser Sache geführt wurden, daß aber von einem Abschluß keine Rede sein könne. Neuesten Nachrichten zufolge wurden die Verhandlungen in dieser Angelegenheit abgebrochen. [W 110]

Aufwand der Industrie für Wohnbauten

Bei Gelegenheit der Tagung der Nordwestlichen Gruppe des Vereines deutscher Eisen- und Stahlindustrieller teilte Dr.-Ing. e. h. Beumer in Düsseldorf mit, daß von 24 der Gruppe angehörigen Werkfirmen in der Zeit von 1919 bis Herbst 1921 nicht weniger als 83 vH der von diesen Werken in der gleichen Zeit verteilten Dividenden für die Schaffung von Wohnbauten aufgewendet worden sind. [W 109]

1922 Nr. 27/28.

deutscher Ingenieure

George Westinghouse

Biographien

BÜCHERSCHAU

Albert Ballin Georg von Siemens Emil Kirdorf

Die leble Zeit hat uns eine ganze Anzahl sehr beachtenswerter Lebensbeschreibungen großer Männer der Technik und Industrie beschert. Da es sich um besonders tatkräftige, führende Männer handelt, so bildet die Schilderung der Lebens arbeit auch immer den wesentlichen Teil der Lebens geschichte, und da diese Arbeit aufs engste verknüpft ist mit den verschiedensten Gebieten technischer und industrieller Betätigung, so sind alle solche Biographien wichtige Beiträge zur großen Geschichte der Technik und Industrie und können manche Lücken schließen.

George Westinghouse.) Die American Society of Mechanical Engineers hat sich mit der Herausgabe dieses ausgezeichnet ausgestatteten Buches ein besonderes Verdienst erworben; handelt es sich doch bei George Westinghouse um einen weit über die Grenzen seines Landes hinaus bekannten großen Ingenieur, dem auch der Verein deutscher Ingenieure im Jahre 1913 seine höchste Ehrung, die Grashof-Denkmünze, verliehen hat. Wenn man den Namen Westinghouse hört, denkt man in erster Linie an seine bahnbrechende Erfindung der Luftdruckbremse und der von ihm mit unablässiger Tatkraft durchgeführten Einführung in den Eisenbahnbetrieb. Westinghouses Schöpfung ist aus der Geschichte des Eisenbahnwesens ebenso wenig wegzudenken wie die eines Stephenson. Aber darüber hinaus weiß man, wie sehr Westinghouse die Entwicklung der schnellaufenden Dampfmaschinen und der Dampfturbinen gefördert hat und wie er der erste große und erfolgreiche Förderer des Wechselstromes in Amerika gewesen ist. Auch die Elektrotechnik kann Westinghouse zu ihren großen Männern zählen.

Wenige in Deutschland wissen, daß der Urgroßvater von George Westinghouse aus Westfalen stammt. Er gehörte hier zum Geschlecht der von Wistinghausen. Mit 15 Jahren kam Johann Wistinghausen 1755 mit seiner Mutter nach Amerika. Die Wistinghausen wurden in Amerika Farmer, gesunde Familien mit sehr vielen Kindern; ein starkes, kräftiges Geschlecht wuchs heran.

Der Vater von Westinghouse hatte 1856 in Schenectady eine kleine Fabrik landwirtschaftlicher Maschinen und kleiner Dampfmaschinen errichtet. Diese väterliche Fabrik wurde der Studienplak, die Hochschule für den berühmten Sohn George Westinghouse, der zwar auch einmal einen Anlauf machte, die technische Schule in Schenectady_zu besuchen, aber nach drei Monaten schon wieder in die Fabrik zurückkehrte. Er hat sich ähnlich wie Bessemer auf eigene Weise seinen Weg gesucht und ihn gefunden 1865, mit 19 Jahren, nahm Westinghouse sein erstes Patent auf eine Rotations-Dampfmaschine, die aber nicht ging; er machte daraus einen guten Wasser

messer.

Das erste Patent auf die Eisenbahnbremse wurde ihm 1869 erteilt. Bald gelang es ihm, die privaten Eisenbahngesellschaften in Amerika von der Bedeutung der neuen Erfindung zu überzeugen, und der schnellen Entschlußfähigkeit der leitenden Männer dieser Eisenbahngesellschaften ist es zuzuschreiben, daß Amerika so viel früher als andere Staaten sich diesen großen Fortschritt zunuke machen konnte. Das Jahrzehnt 1880 bis 1890 bezeichnet Prout als die Zeit des größten Schaffens; es brachte die schnelle Entwicklung der Bremse. In dieser Zeit begann Westinghouse sich auch mit größter Tatkraft für den Wechselstrom einzuseßen. Kaum hatte er die Bremse in Amerika eingeführt, so ging er nach England, Frankreich, Deutschland, Rußland und andern Staaten. Mehr als 100 Gesellschaften werden angeführt, die Westinghouse selber gegründet oder denen er sich angeschlossen hatte. Uber 400 Patente auf den verschiedensten Gebieten hat er bekommen, allein auf die Bremse wurden von 1869 bis 1907 103 Patente erteilt. Ein berühmter Erfinder soll einmal gesagt haben, daß unsere Vorfahren sehr unehrliche Leute gewesen sein müßten, denn sie hätten uns immer unsere besten Erfindungen gestohlen. Diesen Vorwurf wird vielleicht später mancher auch Westinghouse machen können.

Leider ist es nicht möglich, auf den vielseitigen Inhalt des Buches hier im einzelnen näher einzugehen. Westinghouse,

1) A Life of George Westinghouse Von Henry G. Prout. C. E.. A. M LL. D., New York 1921. The American Society of Mechanical Engineers. 367 Seiten.

scin

im Jahre 1914 gestorben ist"), würde. wie Biograph meint, heute noch leben, wenn er nicht zuviel gearbeitet hätte. Wer das Glück hatte, ihn persönlich gekannt zu haben, wird diese auch körperlich große, stattliche Erscheinung mit dem klaren und ruhigen Blick nicht vergessen. Ein starkes Gedächtnis, eine schnelle Auffassung und eine fabelhafte Fähigkeit, geistige und körperliche Überanstrengungen auch für längere Zeit zu ertragen, ermöglichten ihm, seine Lebensarbeit, die ihm das Schicksal beschert hatte, zu vollenden. Westinghouse war allen seinen vielen Mitarbeitern ein guter Kamerad, denn er haffte Achtung vor jeder tüchtigen Arbeit. Wie vielen der anderen Unternehmer kam es ihm auf produktives Schaffen in erster Linie und nicht auf Erwerb von Reichtum an, den er bei seinen bescheidenen Ansprüchen nicht benußen konnte. Westinghouse hat nicht spekuliert, er hat auch niemals Geld in fremden Unternehmungen angelegt, nur mit seinen eigenen Schöpfungen wollte er auch finanziell erstarken. Westinghouse wird seinen Plak in der Geschichte der Technik nicht nur als ein großer bahnbrechender Gestalter einnehmen, sondern auch im Gedächtnis der Ingenieure als eine menschlich wertvolle und sympathische Persönlichkeit forfleben. (Fortseßung folgt.)

Ber

Kohlenstaubfeuerungen. Von Obering. H. Bleibtreu lin 1922, Julius Springer. 169 S. mit 66 Abb. Preis gel. 180 A

Bei der Notwendigkeit, mit unsern Brennstoffen aufs sparsamste umzugehen und sie aufs höchste auszunußen, erachtete es der technisch-wirtschaftliche Sachverständigen - Ausschuß für Brennstoffverwendung beim Reichskohlenrat für geboten, die Frage, unter welchen Vorausseßungen und für welche Verwendungsgebiete die Kohlenstaubfeuerung in ihrem heutigen Entwicklungsstand technisch und wirtschaftlich Erfolg verspricht, unbeeinflußt von Sonderinteressen, zu prüfen. Er hat mit dieser Aufgabe den Verfasser, der bis vor kurzem an der Entwicklung der Kohlenstaubfeuerung in den Vereinigten Staaten von Amerika praktisch gearbeitet hat, beauftragt, und dieser hat in eingehender Darstellung sowohl die Prinzipien als auch die bereits vorliegenden Erfahrungen in dem Buche niedergelegt. Das Buch will vor allem auf Verbesserungsmöglichkeiten hinweisen und hebt die Verwendungsmöglichkeiten der Staubfeuerungen sowie ihre Vorzüge und Nachteile klar hervor.

Kraftarten und Bewegungsformen. Von Dr.-Ing. M. Möller. Braunschweig 1922, Friedr. Vieweg & Sohn. 148 S. niit 72 Abb. Preis geh. 100 M, kart. 112,50 M.

Anleitung zur Aufstellung von Rechnungsansäßen für die mathematisch-physikalische Behandlung von Bewegungsvorgängen aller Art. Der Stoff für die ausgerechneten Zahlenbeispiele ist den wirtschaftlichen Gebieten der Technik entnommen; sie dienen dadurch als Verbindungswege, welche quer zu den Straßen beruflich getrennter Arbeitsrichtungen verlaufen, und vermitteln ein einigendes Wissen und Übersicht wie Verständnis der Zusammenhänge.

Richtlinien für den Einkauf und die Prüfung von Schmiermitteln. Aufgestellt vom Verein deutscher Eisenhüttenleute, Gemeinschaftsstelle Schmiermittel. 3. Aufl. Düsseldorf 1922, Stahleisen m. b. H. 84 S.

Auf 38 Tafeln sind die verschiedenen Schmiermittel nach Art, Verwendung und den zu stellenden Anforderungen besprochen. Eine Einteilung und Kennzeichnung der Schmiermittel gehen voraus, eine Zusammenstellung der Untersuchungsverfahren und der dazu benußten Vorrichtungen bilden den Schluß des Buches.

Die Verkehrsmittel in Volks- und Staatswirtschaft. 3. Band: Die Eisenbahnen. Von Dr. E. Sax. Berlin 1922, Julius Springer. 614 S. Preis geh. 140 M, geb. 180 M. Technik und wirtschaftliche Verantwortlichkeit in der Reichsbahn. Von Dr.-Ing. Frölich. M.-Gladbach 1922, Volksvereins-Verlag G. m. b. H. 24 S. Preis geh. 12 M. Mechanik der Seilbahnen. Von Prof. Ing. R. Findeis. Wien 1922, Akad. Bauingenieurverein a. d. Techn. Hochschule zu Wien. 58 S. mit 3 Zahlentafeln. Preis 1500 Kr. Schaltungen von Gleich- und Wechselstromanlagen. Von Dipl.Ing. E. Kosack. Berlin 1922, Julius Springer. 155 S. mit 226 Abb. Preis geh. 82,50 M, geb. 112,50 M.

2) s. Nachruf in Z. 1914 S. 477, 641.

Schluß des Textteiles

[graphic][merged small][graphic][graphic][merged small][merged small][merged small]

Aus dem Inhalt Neuerungen an Landwirtschaftsmaschinen auf der Seite 933 bis 948

Wanderausstellung der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft in Nürnberg / Zur Selbstentzündung ausströmenden
Wasserstoffes / Die neue Transradio-Betriebszentrale / 110 kV-Olschalter / Der Dampfmesser von Hodgson / Englische
Konjunkturtafeln.
(Vollständiges Inhaltsverzeichnis am Anfang des Textteiles.)

[graphic]

HANS

G. NISSEN

BERLIN SW 68

Kraftmaschinen

Gelegenheitskäufe, neu u. gebraucht / Kompl. Kraftwerke / Montage im In- u. Ausland

[merged small][graphic][merged small][merged small][merged small][merged small][ocr errors][ocr errors][merged small][ocr errors][merged small][ocr errors][merged small][subsumed][subsumed][merged small]
« ZurückWeiter »