Theodor Fontanes "Frau Jenny Treibel". Eine Analyse des Bildes der Bourgeoisie im Roman

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GRIN Verlag, 2007 - 60 Seiten
Studienarbeit aus dem Jahr 2004 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: 1,3, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, Sprache: Deutsch, Abstract: Theodor Fontane (1819-1898) begann erst zu Beginn der siebziger Jahre, als er als Balladendichter bereits gewissen Ruhm erlangt hatte, Romane zu schreiben. Etwa Mitte der achtziger Jahre finden sich die ersten skizzenhaften Entwürfe zu einem Roman über eine Berliner Kommerzienrätin. Doch erst im Jahre 1891/92 wird der Roman unter dem Namen "Frau Jenny Treibel oder `Wo sich Herz zum Herzen findt ́" veröffentlicht. Die Handlung des Romans ließe sich rasch erzählen: Die Professorentochter Corinna Schmidt versucht in die Industriellenfamilie Treibel einzuheiraten, doch ihre Pläne werden von der Schwiegermutter in spe - der Jugendfreundin ihres Vaters - verhindert, da diese auf eine finanzkräftigere oder adlige Schwiegertochter hofft. Wäre es mit dieser schon fast trivial anmutenden Geschichte getan, hätte sich Fontane für die endgültigen Fertigstellung wohl kaum über 5 Jahre Zeit gelassen und sein Roman würde heute wohl kaum zu den Klassikern der deutschen Literatur zählen und immer noch mit so viel Freude gelesen werden. Es ist das humoristische, fein gezeichnete Bild der Gesellschaft um 1900, das diesem Roman so viel Tiefe verleiht. Pointiert und unterhaltsam stellt Fontane eine Gesellschaft mit ihren typenhaften Mitgliedern dar, in welcher er selbst gelebt hat. So schreibt Fontane 1888 in einem Brief an seinen Sohn, die Intention seines Romans sei, "das Hohle, das Phrasenhafte, Lügnerische, Hochmütige, Hartherzige des Bourgeoisstandpunkts zu zeigen". Wie man aus seinen zahlreich überlieferten Briefen weiß, sind Charaktere in Fontanes Romanen nur sehr selten rein individuell zu sehen, sie repräsentieren eigentlich immer auch einen Typus Mensch - mal mehr, mal weniger. Und man könnte sicherlich behaupten, dass diese Typenhaftigkeit im Roman ́Frau Jenny Treibel ́ am stärksten ausgeprägt ist. Schonungslo
 

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Seite 14 - Nicht viel weiß ich davon, nur ein bißchen. Ein bißchen lernt man ja.« »Ja, jetzt, liebe Corinna. Du hast es gut gehabt, und alle haben es jetzt gut. Aber zu meiner Zeit, da war es anders, und wenn mir nicht der Himmel, dem ich dafür danke, das Herz für das Poetische gegeben hätte, was, wenn es mal in einem lebt, nicht wieder auszurotten ist, so hätte ich nichts gelernt und wüßte nichts. Aber, Gott sei Dank, ich habe mich an Gedichten herangebildet und wenn man viele davon auswendig weiß,...
Seite 6 - Kolonisierung von Afrika. Große Schiffsreeder, die Flotten bemannen, Tunnel- und Kanalbauer, die Weltteile verbinden, Zeitungsfürsten und Eisenbahnkönige sind meiner Huldigungen sicher. Ich will nichts von ihnen, aber sie schaffen und wirken zu sehn, tut mir wohl; alles Große hat von Jugend auf einen Zauber für mich gehabt, ich unterwerfe mich neidlos.
Seite 16 - Gebildetsein heisst nun: sich nicht merken lassen, wie elend und schlecht man ist, wie raubthierhaft im Streben, wie unersättlich im Sammeln, wie eigensüchtig und schamlos im Geniessen.
Seite 5 - Denn der Bourgeois, wie ich ihn auffasse, wurzelt nicht eigentlich oder wenigstens nicht ausschließlich im Geldsack; viele Leute, darunter Geheimräte, Professoren und Geistliche, Leute, die gar keinen Geldsack haben oder einen sehr kleinen, haben trotzdem eine Geldsackgesinnung und sehen sich dadurch in der beneidenswerten oder auch nicht beneidenswerten Lage, mit dem schönsten Bourgeois jederzeit wetteifern zu können. Alle geben sie vor, Ideale zu haben; in einem fort quasseln sie vom »Schönen,...
Seite 7 - Jetzt ist sie nun rundlich geworden und beinah gebildet, oder doch, was man so gebildet zu nennen pflegt, und Adolar Krola trägt ihr Arien aus Lohengrin und Tannhäuser vor. Denn ich denke mir, daß das ihre Lieblingsopern sind. Ach, ihre Mutter, die gute Frau Bürstenbinder, die das Püppchen drüben im Apfelsinenladen immer so hübsch herauszuputzen wußte, sie hat in ihrer Weiberklugheit damals ganz richtig gerechnet. Nun ist das Püppchen eine Kommerzienrätin und kann sich alles gönnen, auch...
Seite 6 - Ich hasse das Bourgeoishafte mit einer Leidenschaft, als ob ich ein eingeschworener Sozialdemokrat wäre. „Er ist ein Schafskopf, aber sein Vater hat ein Eckhaus", mit dieser Bewunderungsformel kann ich nicht mehr mit.
Seite 17 - Sie schwieg bei diesen Worten und seufzte nur leise. Dann aber fuhr sie fort : „Ach, meine liebe Corinna, glaube mir, kleine Verhältnisse, das ist das, was allein glücklich macht.
Seite 4 - Frau Jenny Treibel«. Zum Dilemma des Bürgertums in der Wilhelminischen Ära, in: ZfdPh 108 (1989). S. 179-198. -GA GUIDRY, Fontanes »Fraujenny Treibel« and •Having

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